Opfer melden sich bei Hotline

Vorwürfe gegen Kinderheim der Volkshilfe

Erneut gibt es Vorwürfe gegen ein Kinderheim: In einem Heim der Volkshilfe in Pitten (Niederösterreich) soll es zum Missbrauch durch einen Erzieher gekommen sein. Der Betreiber trennte sich von dem Mitarbeiter einvernehmlich, sodass dieser ohne Probleme bei einem weiteren Kinderheim im Burgenland anheuern konnte.

Mittagsjournal, 12.1.2012

Jahrzehntlanger Missbrauch?

Bei der Hotline für Opfer, die der Weiße Ring und die Stadt Wien eingerichtet haben, haben sich auch Betroffene aus den 90er Jahren gemeldet.

Zumindest drei von ihnen waren im Kinderheim Pitten in Niederösterreich untergebracht. Sie sollen dort Missbrauchsopfer eines mutmaßlich pädophilen Erziehers geworden sein. Gegen ihn gibt es auch aktuelle Vorwürfe. Und trotzdem hat sich der Betreiber, die Volkshilfe, einvernehmlich von dem Erzieher getrennt und er konnte bei einem weiteren Kinderheim anheuern.

Wenn die schlimmsten Befürchtungen eintreten, könnte der Erzieher von den 80er Jahren bis 2011 immer wieder Buben missbraucht und zu sexuellen Gefälligkeiten animiert haben.

Verdächtiger streitet alles ab

Doch die Vorwürfe werden erst nach und nach bekannt. 2010 werden zwei kleine Buben im Kinderheim Pitten bei eindeutigen sexuellen Handlungen miteinander erwischt. Angeblich sollen sie gesagt haben, sie hätten so etwas auf Videos des Erziehers gesehen. Kolleginnen vermuteten damals außerdem länger zurückliegende Missbrauchsfälle.

Doch der 48-Jährige hat alles abgestritten und die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt scheint wegen angeblicher Verjährung recht rasch die Ermittlungen eingestellt zu haben.

Entlassung wäre möglich gewesen

Parallel dazu erfolgt die einvernehmliche Kündigung des Erziehers durch den Heimbetreiber Volkshilfe - inklusive Abfertigung. Volkshilfe-Sprecherin Christine Penz sagt, der Mann sei nicht verurteilt also unbescholten. Es sei die einzige Möglichkeit gewesen, sich sofort von dem Mitarbeiter trennen zu können, erklärt Penz gegenüber dem Ö1-"Mittagsjournal".

Doch die Leiterin der Arbeitsrechtsabteilung der Arbeiterkammer Wien, Irene Holzbauer, sagt, man hätte den Erzieher auch bis zur endgültigen Klärung aller Vorwürfe suspendieren oder kündigen können. Wenn Verdachtselemente vorhanden seien, so könnte auch unabhängig von der Strafbarkeit eines Verhaltens eine Entlassung ausgesprochen werden.

Drei Opfer melden sich bei Hotline

Freilich hätte die Volkshilfe damit einen arbeitsrechtlichen Prozess riskiert und damit höhere Kosten. Inzwischen sollen sich bei der Opferhotline der Stadt Wien und des Weißen Rings drei mittlerweile Erwachsene Betroffene gemeldet haben.

Sie geben an, sie seien in den 80er und 90er Jahren von dem Erzieher im Heim Pitten missbraucht worden. Doch der mutmaßliche Pädophile ist nach seiner einvernehmlichen Kündigung von Niederösterreich ins Burgenland gewechselt und hat dort bei einem Kinderdorf angeheuert. Als Gerüchte darüber bekannt werden, wagt es niemand, das Kinderdorf direkt zu warnen - aus Angst geklagt zu werden.

Weitere Opfer möglich

Laut Arbeitsrecht dürfte ein ehemaliger Arbeitgeber über seinen früheren Mitarbeiter nichts Nachteiliges sagen, erklärt Rechtsexpertin Holzbauer. Aber im konkreten Fall informierten engagierte Personen das Landeskriminalamt Burgenland. Als es Ermittlungen aufnimmt, trennt sich das Kinderdorf von dem Verdächtigen.

Mittlerweile soll es auch Aussagen der beiden Buben geben, wonach sie in jüngerer Zeit sexuell missbraucht worden seien. Dem Vernehmen nach hoffen Behörden und die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft, dass sich mögliche weitere Opfer melden. Aber für den 48-Jährigen Erzieher gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung, auch wenn das Teil des Problems sein könnte.

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