Dritte Amtszeit beginnt in zwei Monaten

Putin stellt Weichen für Präsidentenamt

In Russland bereitet sich die Opposition zu neuen Protesten gegen die Fälschungen bei der Präsidentschaftswahl vor, doch klar ist: Wladimir Putin wird das Amt in zwei Monaten übernehmen. Doch wie wird Putin seine dritte Amtszeit anlegen? Der Kreml hat offenbar Interesse daran, dass zumindest das Ausland heute schon versteht, worauf es sich in den nächsten sechs Jahren einstellen muss.

Mittagsjournal, 7.3.2012

Aus Moskau,

"Wollen starkes Russland sein"

Es kommt nur sehr selten vor, dass die Kreml-Administration von sich aus bei ausländischen Korrespondentenbüros anruft und fragt, ob man nicht ein Interview machen wolle.

Gesprächspartner: Michail Margelov - Vorsitzender des Komitees für ausländische Angelegenheiten des Föderationsrates - ist seine offizielle Funktion, doch er ist mehr: Seit Mitte der 1990er gehört er zum inneren Kreis der Macht. Was der frühere KGB-Agent zu sagen hat, ist also mehr als seine Privatmeinung, sondern die offizielle Linie, wie Wladimir Putin sich seine dritte Amtszeit vorstellt: "Unsere Strategie ist: Vorrang für die russischen nationalen Interessen und nicht die irgendwelcher anderer Staaten. Gleichzeitig verstehen wir, dass ein starkes Russland kein angsteinflößendes Russland sein darf. Wir wollen ein moderner europäischer Staat sein, denn wir sind Teil dieser gemeinsamen Zivilisation. Und wir wollen freundschaftliche oder zumindest neutrale Beziehungen zu unseren Nachbarn".

"Gemeinsames Europas"

Russland sei Teil Europas, betont Margelov mehrmals, die Beziehungen zu den EU-Ländern seien deutlich besser als zu den USA. Davon könne auch die EU profitieren: "Der Rubel ist heute stabiler als der Euro und wir haben keine Probleme mit unseren südlichen Regionen. Wir sind ein stabiles Element des gemeinsamen Europa, besonders wenn Präsident Putin die politische Stabilität garantiert. Ich möchte nicht so weit gehen, zu sagen, dass wir der Retter der EU sein könnten, aber doch jemand, der helfen kann, die wirtschaftlichen Probleme auszubalancieren".

"Ist gewählter Präsident"

Aber ist der neue Präsident Putin nicht geschwächt dadurch, dass er durch eine Wahl an die Macht gekommen ist, die allgemein als gefälscht angesehen wird? "Viele Leute haben viele verschiedene Meinungen. Ja, die OSZE und andere haben gesagt, dass es Probleme gegeben hat. Andere Beobachter haben gemeint, alles war in Ordnung. Aber, egal ob Putin einem gefällt oder nicht, er ist gewählter Präsident, das ist eine politische Tatsache".

"Stabilität nicht mehr genug"

Und was soll mit der Opposition, die weitere Proteste gegen das Wahlergebnis angekündigt hat. Und war es wirklich nötig, die Demonstration am Montag mit solcher Brutalität aufzulösen? "Darüber kann man reden, darüber kann man streiten und sich von mir aus auch bei Gericht beschweren. Aber wichtiger ist, dass wir in die Zukunft blicken. Das heißt, wir müssen erkennen: Das Russland von heute ist nicht das Russland des Jahres 2000. Stabilität allein ist für viele Russen nicht mehr genug. Wir müssen die gebildete kreative Klasse am gesellschaftlichen und politischen Leben teilhaben lassen und ich habe den Eindruck, dass der gewählte Präsident Wladimir Putin das genau versteht", sagt der Kreml-Vertaute Michail Margelov. Wie ernst dieses Vorhaben gemeint ist, wird man spätestens bei der nächsten Großdemonstration der Opposition am kommenden Samstag sehen.