Risiko hat nun der Steuerzahler

"Griechen sind am Abgrund vorbei"

Der erfolgreiche Schuldenschnitt bringe Griechenland vor allem mehr Zeit, sagt der Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria, Stefan Bruckbauer, im Ö1-Gespräch. Wirtschaftlich habe sich allerdings nichts geändert, die Griechen müssten genauso hart arbeiten wie vorher. Das Risiko trage jetzt aber zur Gänze der Steuerzahler, so Bruckbauer.

Mittagsjournal, 9.3.2012

Der Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria, Stefan Bruckbauer, im Gespräch mit Christian Williwald

"Zeit gewonnen"

Der Schuldenschnitt sei zwar insgesamt gesehen ein Verlust für die Gläubiger, also vor allem Banken und Versicherungen, sagt der Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria. Aber die Kosten wären in Summe bei einer ungeordneten Pleite höher gewesen. Vor allem für die Griechen sei es ein großer Vorteil, "dass sie nicht in einen Abgrund stürzen, sondern dass sie noch ein bisschen Zeit haben". Schließlich war der Verzicht der Gläubiger die Voraussetzung dafür, dass die 130 Milliarden Euro EU-Hilfe ausbezahlt werden.

Risiko in der Hand der Steuerzahler

Allerdings: In ökonomischer Hinsicht hat sich für Griechenland nicht viel geändert: "Man muss genau so hart arbeiten, wie wenn man den Schuldenschnitt nicht hätte." Völlig verändert hat sich jedoch die Verteilung des Risikos, das nun bei den Staaten liegt, so Bruckbauer: "Das ist eine totale Veränderung. Praktisch die ganze Schuld Griechenlands liegt jetzt in den Händen der Steuerzahler. Das bringt natürlich für den Steuerzahler ein zusätzliches Risiko. Aber es hat auch den großen Vorteil, dass man viel flexibler geworden ist." Das sei auch eine Chance, meint Bruckbauer: Die Politik könne jetzt flexibler mit Griechenland umgehen - im Gegensatz zu bisherigen Programmen, die ein Desaster gewesen seien.

Keine "Lehman"-Dimension

Ein Unsicherheitsfaktor sind noch die Kreditausfallversicherungen. Sollte Griechenland nun tatsächlich den Schuldenschnitt verbliebener Gläubiger erzwingen, wäre das ein "Kreditereignis" und die Versicherungen müssten zahlen. Bruckbauer glaubt aber nicht, dass es dadurch zu einem ähnlich großen Effekt kommt wie bei der "Lehman"-Pleite. Sollte es zu kleineren Problemen kommen, müsste eben die Politik rasch reagieren, meint der Volkswirt. Schlimmer wären da eher die langfristigen Folgen.

Hoffnung mit Fragezeichen

Wichtig sei nun, dass die Politik ihre Vorhaben umsetzt, Stichwort Fiskalpakt, und: "dass niemand auf die verrückte Idee kommt, dass man mit einem anderen Land etwas ähnliches macht." Wenn das so bleibe, dann könnten die nächsten Quartale und vielleicht auch das nächste Jahr positiver ausschauen als die letzten Monate.