Michael Spindelegger im Journal zu Gast

ÖVP-Chef will Geldströme offenlegen

Mit einem Verhaltenskodex will ÖVP-Chef Spindelegger seine Partei aus dem Imagetief herausholen. Außerdem will er ein neues transparentes Parteifinanzierungssystem. Er kann sich sogar den Verzicht auf öffentliche Parteifördergelder vorstellen. Jedenfalls aber verspricht Spindelegger, alle Geldströme in Bund und Länder offenzulegen.

Mittagsjournal, 24. 3. 2012

ÖVP-Chef Michael Spindelegger
im Journal zu Gast bei Klaus Webhofer

Verschwörenstheorien stehen nicht im Vordergrund

Druckkostenbeiträge ohne Gegenleistung, Korruptionsvorwürfe, wilde Angriffe auf die Justiz. In Spindeleggers Partei, der ÖVP, blühen neuerdings die Verschwörungstheorien. ÖVP-Chef Michael Spindelegger: "Ich fühle mich nicht verfolgt und wir haben auch nicht vor, dass wir jetzt Verschwörungstheorien in den Vordergrund stellen. In dieser Gemengelage: Untersuchungsausschuss, Justizvorwürfe, Untersuchungen die es dort gibt, beginnt halt manchmal auch ein bisschen das Fass überzulaufen. Und das führe ich darauf zurück.", so ÖVP-Parteichef Michael Spindelegger in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast".

Kein belastetes Verhältnis zur Justiz

Die ungewöhnlich gereizte Wortwahl in seiner Partei, Beispiel: "Politjustiz" oder "Schweinerei", erklärt Spindelegger mit den erhitzten Gemütern im Parlament wegen dieses Untersuchungsausschusses. Spindelegger: "Gereiztheit gibt es immer dann, wenn es Aggression gibt." Da sage man manchmal Dinge, die einem später leid tun. Es müsse wieder mehr Coolness in den Diskurs eintreten. Aber für ihn sei klar, dass es kein belastendes Verhältnis zur Justiz seitens der ÖVP gebe. Der Rechtsstaat solle nicht in Frage gestellt werden, so Spindelegger.

ÖVP in schwieriger Phase

Michael Spindelegger: "Ich verzweifle persönlich nicht. Ich bin ein positiver, optimistischer Mensch. Aber es belastet mich auch, wenn ich sehe, was da und dort offensichtlich auch in der Vergangenheit passiert ist." Die ÖVP sei in einer schwierigen Phase. In der Zukunft sollen solche Dinge in der ÖVP nicht mehr vorkommen. Dafür wolle er sorgen und gerade stehen. Die Vergangenheit soll aufgeklärt werden und es soll Konsequenzen geben, so Spindelegger im Ö1-Interview.

Verhaltenskodex für Graubereiche

Spindelegger: "Es habe sich gezeigt, dass es einen Graubereich gebe, etwas das "heute vielleicht auch anders als vor fünf oder zehn Jahren betrachtet wird". Mit dem Verhaltenskodex wolle er ein "glasklares Konzept für ÖVP-Politiker, wan man tun darf und was nicht" schaffen. In der Zukunft möchte er eine "saubere" Partei haben. Es gehe nicht um rechtliche Gesichtspunkte, weil dafür gebe es die Rechtsorndung. Aber das Verhalten des Ernst Strassers in diesem Video wäre ja zum Beispiel eben auch nicht strafbar nach österreichischer Rechtsordnung. Für ihn "unfassbar", so Spindelegger.

Graubereich: Druckkostenbeitrag

Gefragt, ob der "Druckkostenbeitrag" der Hochegger-Firma Valora für eine ÖAAB-Zeitschrift in Höhe von 10.000 Euro im Jahr 2007 ein solcher Graubereich sei, sagte Spindelegger, es müsse klar gegenübergestellt werden, was die Gegenleistung für den Beitrag gewesen ist. Er habe dem damaligen ÖAAB-Generalsekretär Werner Amon auch gesagt, dass er die Gegenleistung darzustellen habe. "Das ist nicht dokumentiert , das war ein Fehler, gar keine Frage. Das darf zukünftig nicht mehr vorkommen", so Spindelegger. Er wolle Werner Amon jedenfalls nicht vorweg opfern, nur weil das andere Parteien durch Anzeigen bewirken wollen. Spindelegger: "Es gibt für ihn ein Verfahren, das möglichst rasch zu einen Ergebnis gebracht werden muss."

Parteispenden müssen möglich sein

Spindelegger: "Ich werde mich jetzt nicht in das einmischen, was eine Rechtsordnung zu klären hat. Das müssen alle Parteien miteinander tun." Das gehöre im Parlament auch endlich abgeschlossen. Spenden müssten aber ganz generell möglich sein, aber eben nach bestimmten Kriterien. Wichtig sei die Nachvollziehbarkeit und Dokumentation solcher Vorgänge. Es könne aber nicht sein, dass Parteispenden völlig kriminalisiert werden, damit diejenigen, die keine haben, keinen Nachteil haben, sagt Spindelegger in Richtung der Grünen Partei.

Keine öffentlichen Gelder mehr für die Parteien

Spindelegger: "Ich kann mir ein System vorstellen, in dem wir sagen: Alles wird offengelegt und überall". Er könne sich auch ein System vorstellen, in dem es gar keine öffentliche Finanzierung gibt, sondern nur eine private Finanzierung von Spendern, von Unternehmen. "Und wenn wir nicht wollen, was in den USA ist, wo niemand sagen kann, hier gibt es einen Graubereich, sondern ein glasklares Konzept der Transparenz, dann müssen wir eben ein ganz anderes noch kreieren". Aus der Sicht Michael Spindelegger müsse man auch Sanktionen wie in Deutschland andenken, wo es bei Verstößen bis zu Jahre Haft gibt.

Zufrieden mit ÖVP-Justizministerin Karl

ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl musste innerhalb kürzester Zeit zwei verunglückte Gesetzesvorhaben wieder einsammeln:
Freikauf bei Korruption und Einschränkung des Berufsgeheimnisses. ÖVP-Chef Spindelegger: "Ich bin sehr zufrieden mit Beatrix Karl. Sie ist eine Reformerin. Und immer dann, wenn man Reformen angeht, kriegt man auch Gegenwind. Wenn in einem Parlament ein Untersuchungsausschuss stattfindet, wenn es so viele offene Verfahren der Justiz gibt, darf man auch nicht den Eindruck erwecken, dass die Justizministerin jedes Verfahren persönlich erledigen kann". Den Untersuchungsausschuss will Spindelegger bis zum Sommer beendet wissen. "Ich glaube, dass das der Zeitplan war", so Spindelegger im Ö1-Mittagsjournal.