Kampf um Vorsitz der Kadima-Partei

Israel: Zipi Livni vor Abwahl

Ex-Außenministerin Zipi Livni könnte den Vorsitz der israelischen Zentrumspartei Kadima verlieren. Ihr droht bei einer internen Vorwahl die Niederlage gegen ihren Konkurrenten Schaul Mofas. Die Kadima ist Israels mandatsstärkste Partei und trotzdem in der Opposition. Laut Umfragen ist sie unter Livnis Führung in einem ständigen Sinkflug.

Mittagsjournal, 27.3.2012

Ben Segenreich berichtet aus Israel.

Politischer Überlebenskampf

Sie war bisher die letzte, die für Israel ernsthafte Verhandlungen mit den Palästinensern geführt hat, als Außenministerin war Zipi Livni weltweit bekannt, und vor drei Jahren schien es noch so, als würde sie mit dem Versprechen einer "anderen Politik" ihren kometenhaften Aufstieg bis an die Spitze des Staates fortsetzen können. Doch heute kämpft die 53-jährige um ihr politisches Überleben. Nach außen hin gibt sie sich noch immer wie eine potenzielle Premierministerin: "Es wird nicht über die persönliche Zukunft von irgendjemandem entschieden, sondern über die Zukunft Israels."

Halbierung vorhergesagt

Doch Livnis Partei droht in die Bedeutungslosigkeit zu versinken. Mit ihren 28 Sitzen ist die Kadima zwar im gegenwärtigen Parlament die stärkste Fraktion, doch alle Umfragen sagen voraus, dass sie bei den nächsten allgemeinen Wahlen halbiert werden wird. Der einzige Gegenkandidat bei den heutigen Primaries ist der 63-jährige frühere Verteidigungsminister Schaul Mofas. Für den Niedergang der Partei macht er die Chefin und ihren Führungsstil verantwortlich: " Die Abgeordnete Zipi Livni steht am Ende ihres Amtes als Vorsitzende der Kadima - die Kadima hat sehr schweren Schaden erlitten durch das führungsschwache, stotternde Verhalten der Abgeordneten Zipi Livni."

In der Partei meinen viele, Livni habe als Oppositionschefin zu wenig Profil gezeigt und etwa die großen Sozialdemonstrationen im letzten Sommer völlig verschlafen. Beim Tausch des verschleppten Soldaten Gilad Schalit gegen mehr als 1000 palästinensische Häftlinge äußerte sie im Nachhinein Bedenken, was keinen guten Eindruck machte.

Bei Koalitionsbildung gescheitert

Dabei war Livni schon zwei Mal nahe dran gewesen, Premierministerin zu werden. Im September 2008 bekam sie nach dem Rücktritt von Ehud Olmert ohne Neuwahlen den Auftrag zur Regierungsbildung, scheiterte aber, weil sie Bedingungen der religiösen "Schass"-Partei nicht erfüllen wollte. Bei den darauf folgenden Wahlen ging die Kadima zwar mit einem Mandat Vorsprung auf den rechtskonservativen Likud durchs Ziel, Livni konnte aber wieder keine Koalition hinter sich vereinen und wollte auch nicht in einer Regierung unter Benjamin Netanjahu mitspielen. Jetzt argumentiert Livni vor Allem damit, dass die Kadima mit dem farblosen und schwerfällig wirkenden Mofas schon gar keine Chance hätte, wieder an die Macht zu kommen.

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