Nobelpreisträgerfür Wachstum statt Kaputtsparen

Stiglitz : Europa am Rand des Selbstmords

Joseph E. Stiglitz, Wirtschaft-Nobelpreisträger des Jahres 2001, glaubt, dass "Europa sich auf seinen Selbstmord hinbewegt". In einer Diskussionsveranstaltung in Wien prophezeite der Wirtschaftsprofessor gravierende Probleme, sollten die europäischen Länder auf ihren Sparkursen beharren.

Morgenjournal, 27.4.2012

In Europa steigt der Widerstand gegen das Sparen, das zeigt der Zuspruch für Francois Hollande in Frankreich oder der Zerfall der Regierung in den Niederlanden. Der Chef der Europäischen Zentralbank Mario Draghi will jetzt zusätzlich zu den Sparplänen, dem Fiskalpakt, einen Wachstumspakt für Europa. Wohl ganz im Sinne von US Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, der gestern auch Einladung der B&C Privatstiftung in Wien war. Stiglitz warnt: Europa begehe mit den Sparprogrammen wirtschaftlichen Selbstmord - und die Eurozone könnte auseinander brechen.

Sparprogramme sind Selbstmord

Europa spart sich zu Tode, sagt US Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz. Selbstmord sei das, solche Sparprogramme seien noch nie erfolgreich gewesen.

Die Europäer unterliegen einem Irrtum, sagt Stieglitz. Die Wirtschaft komme nicht in Fahrt wenn die Schulden sinken, sondern, wenn die Wirtschaft einbricht, steigen die Schulden. Weil es weniger Steuereinnahmen gibt, weil die Arbeitslosigkeit steigt und der Sozialstaat mehr Geld ausgeben muss.

In Wachstum investieren

Die Lösung sagt Stiglitz: Europa müsse in Wachstum investieren. Reiche Länder wie Deutschland könnten sich derzeit sehr günstig Geld ausleihen, sie sollten daher viel in Infrastruktur, Bildung und Technologie investieren, sagt Stieglitz. Der Gewinn, der damit zu machen sei, sei viel höher als die Kosten für die Kredite, die man dafür aufnehmen muss.

Auch falsche Anreize müssten weg, etwa dass Spekulanten niedriger besteuert würden als Menschen, die mit Arbeit ihr Geld verdienen. Auch eine Arbeitsmarktreform alleine bringe nicht, denn wer will schon mehr Leute einstellen wenn es keine Nachfrage gibt, fragt Stiglitz.

Eurozone wird zerbrechen

Weil Europa sich aber so aufs Sparen konzentriert und die Ziele im Dezember im Fiskalpakt auch noch zementiert hat, sieht Stiglitz die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Eurozone auseinander bricht: Nur wenige Länder werden den Euro behalten, Deutschland, Finnland, und Österreich vielleicht, glaubt Stieglitz.

Europa könne viel tun um die Wirtschaft anzukurbeln, aber leider höre er darüber zu wenig von den Politikern, sagt Stieglitz. Er hoffe die Europäer würden mehr darüber nachdenken wie sie die Wirtschaft flott kriegen, als darüber wie man sich gemeinsam erwürge.