Glawischnig: Parteiförderung neu "unverschämt"

Wohlwollende sagen, die Grünen seien sehr konstruktiv, Kritiker meinen, sie dienten sich der Regierung an. Grünen-Parteichefin Eva Glawischnig streitet ab, dass sie schon auf die nächsten Koalitionsverhandlungen schiele und findet, die Finanztransaktionssteuer sei ein maßgebliches Verdients der deutschen und österreichischen Grünen.

Mittagsjournal, 30.6.2012

Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig "Im Journal zu Gast" bei Klaus Webhofer.

"Grüne schärfste Kontroll- und Oppositionspartei"

Die Grünen werden derzeit von der Regierung hofiert, die anderen Oppositionsparteien schimpfen die Grünen "Steigbügelhalter der rot-schwarzen Regierung". Da stecke keine Strategie dahinter, sagt Eva Glawischnig. Die Grünen seien im Parlament um zu arbeiten. Sie sieht die Grünen als schärfste Kontroll- und Oppositionspartei der letzten Monate, vor allem im parlamentarischen Korruptions-Untersuchungsausschuss.

Die nächsten Wahlen und nächste Koalitionsverhandlungen habe sie zwar, wie böse Zungen behaupten, noch nicht im Blick, sagt Glawischnig, positioniert die Grünen aber klar als Partei der Kontrolle, der Aufdeckung und als Gesetzesverbesserer. In diesem Punkt versucht sie, sich klar von den rechten Oppositionsparteien abzugrenzen: "Dieses rechte, wehleidige Aus-dem-Saal-hinausmarschieren und sich dann ins Schmollwinkerl zu stellen, von dem halte ich überhaupt nichts."

Ja zum ESM …

Die Grünen werden im Nationalrat ihre Zustimmung zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) geben. Glawischnig sieht diesen als "Löschfahrzeug, das man anschaffen muss, für den Fall, dass es brennt. Wenn man im Nachhinein versucht, Brände zu löschen, braucht es im Vorfeld Maßnahmen, um die Spekulation zurückzudrängen."

Es sei das Hauptanliegen der Grünen in den Verhandlungen gewesen, auch wirklich Meilensteine einzuschlagen und Dinge zu vereinbaren, mit denen man die Spekulation in Europa zurückdrängt. "Das beginnt jetzt zu wirken und ich denke, dass sich da einiges bewegt hat."

… für ein Ja zur Transaktionssteuer

Bedingung der Grünen für die Zustimmung zu ESM und Fiskalpakt war eine europäische Finanztransaktionssteuer. Am jüngsten EU-Gipfel in Brüssel hat es grünes Licht für eine Staatengruppe gegeben, diese ab Dezember sozusagen auszuprobieren. Glawischnig zeigt sich darüber erfreut: "Für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel war eine Finanztransaktionssteuer vor wenigen Jahren noch etwas Unanständiges. Mittlerweile sind zehn Staaten bereit, dass das tatsächlich im Rahmen einer Zusammenarbeit einzuführen. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung."

Glawischnig sieht darin maßgeblich ein Verdienst der Grünen in Deutschland und Österreich. "Mit der Kollegin Fekter zu verhandeln war kein Vergnügen. Hochachtung vor unserem Chefverhandler Werner Kogler, der sie da wirklich gezwungen hat, auch europapolitisch vernünftige Positionen einzunehmen."

Ob die Grünen in der kommenden Woche dem ESM tatsächlich zustimmen werden, ist Glawischnig zufolge noch offen. Das werde der grüne Klub entscheiden, denn die Abgeordneten müssten auch dazu stehen. Es steht auch noch eine Diskussion mit BZÖ und FPÖ aus, die gegen alles seien, wo Europa drauf steht, so Glawischnig. Scherzhaft meint sie: "Mich wundert ja, dass sie die Fußballeuropameisterschaft nicht abschaffen wollen."

Erhöhung der Parteiförderung "nicht notwendig"

Zur Innenpolitik drängt sich das Thema Transparenzpaket auf. Die Empörung über die Erhöhung der Parteiförderung auf Bundesebene war hoch. Auch die grüne Bundespartei wird jährlich 1,2 Millionen Euro mehr erhalten. Geld, das die Grünen nach Aussage von Glawischnig gar nicht wollen: "Ich halte das für vollkommen überzogen und unverschämt, das jetzt zu erhöhen. Das ist überhaupt nicht notwendig."

Die Grünen hätten sich in den letzten Jahren auf eine Kürzung der Parteiförderung eingestellt, ÖVP und SPÖ offensichtlich nicht. Glawischnig betont, dass sich die Regierungsparten die Parteiförderung alleine, also mit einfacher Mehrheit im Parlament, genehmigt haben. Die Erhöhung mache jeglichen Erfolg im Rahmen der gläsernen Parteikassen kaputt.

"Dunkle Kanäle abstellen"

Im Transparenzpaket ist aber auch die Parteispendenregelung enthalten, das heißt, Spenden müssen ab einer gewissen Höhe offengelegt werden. Dass überhaupt Bewegung in die Sache gekommen ist, sei laut Glawischnig nur dem Druck des Untersuchungs-Ausschusses zu verdanken: "Diese dunklen Kanäle, und das hat sich in Millionenhöhe abgespielt, abzustellen, ist extrem wichtig für den demokratischen Wettbewerb in Österreich."

Glawischnig spricht sich dafür aus, dass es wie eine rein öffentliche Parteienfinanzierung aus. Sie halte es für eines der großen Probleme der Demokratie, wenn sich Unternehmen und Konzerne den Goodwill einer Partei kaufen können.

Idee zur direkten Demokratie: Volksinitiative

Ein weiteres Lieblingsthema der innenpolitischen Akteure ist derzeit die direkte Demokratie. Dazu schlagen die Grünen vor, ein Volksbegehren mit einer Beteiligung von mindestens vier Prozent der Bevölkerung in eine Volksabstimmung überzuführen. Eva Glawischnig wirft den anderen Parteien hier "Wahlkampfvorstellungen" vor und weist gleichzeitig den Vorwurf zurück, die Grünen würden mit ihrem Vorschlag ebenfalls die Wahlkampftrommel rühren: "Unsere Vorstellungen über direkte Demokratie gehen zurück in die Achtzigerjahre."

Dabei kommt Kritik an der Idee, Bürgern die Möglichkeit zu geben, im Parlament Gesetze zu lancieren, von einer grünen Eminenz, Alexander van der Bellen. Seine Nachfolgerin an der Spitze der Grünen habe es allerdings immer schon sehr bestärkend gefunden, wenn viele Initiativen von Bürgerinitiativen oder Nichtregierungsorganisationen kommen: "Die Idee der Volksinitiative ist sehr spannend und da geht es nicht so darum, in einer Kampagne Leute zu mobilisieren, weil man sich mit etwas im Parlament nicht durchsetzt, wie sich die FPÖ das vorstellt. Sondern da sind Menschen mit guten Ideen gefragt, die auf Probleme vielleicht eine Antwort haben, die das Parlament so noch nicht gesehen hat."

Übrigens werde Glawischnig ihren politischen Ziehvater van der Bellen im Nationalrat sehr vermissen. Andererseits werde er im Gemeinderat nicht nur für eine Erhöhung des Niveaus sorgen, sondern auch für Unterhaltung, "weil gescheite Menschen kann man überall brauchen".