SPÖ-Papier: Strenger bei Volksabstimmungen

Die ÖVP will noch vor der Wahl verpflichtende Volksabstimmungen nach erfolgreichen Volksbegehren beschließen. Aber die SPÖ will das nicht, wie aus deren Positionspapier hervorgeht, das jetzt endlich vorliegt. Die Sozialdemokraten planen bei der Volksabstimmung sogar Verschlechterungen.

Morgenjournal, 3.7.2012

SPÖ will Quoren

Nach geltender Verfassungslage kann der Nationalrat mit einfacher Mehrheit eine Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss in Gang setzen. Das Ergebnis der Volksabstimmung ist dann in jedem Fall bindend, und zwar egal, wie viele oder wie wenige sich beteiligen, so der Politologe Peter Filzmaier.

Die SPÖ will Volksabstimmungen weiter nur vom Nationalrat beschließen und nicht durch das Volk erzwingen lassen - wie das die ÖVP und die Opposition wollen. Und zusätzlich will die SPÖ jetzt sogenannte Quoren einführen, das heißt: Bei einfachen Gesetzen muss sich mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten beteiligen, damit das Ergebnis bindend ist. Und bei Verfassungsgesetzen muss mindestens die Hälfte der Wahlberechtigten am Referendum teilnehmen. Filzmaier ist aus der Sicht des Politikwissenschaftlers skeptisch gegenüber Foren. Denn es gehe ja darum, den politischen Diskurs zu fördern. Wenn es aber verlockender ist, ein Thema zu ignorieren um das Quorum zu verhindern, als für den eigenen Standpunkt überzeugen zu wollen, "dann ist das auch ein demokratiepolitisches Dilemma".

Beispiel Berlusconi

Jedenfalls ist es aus Sicht der Bürger eindeutig eine Verschlechterung gegenüber dem Status quo. Den Politikwissenschaftler erinnert es an die demokratiepolitisch nicht ruhmreiche Ära Berlusconi in Italien. Berlusconi sei in seiner Meinung bei fast allen Volksabstimmungen in der Minderheit geblieben, habe aber trotzdem das Ergebnis der Volksabstimmung nicht fürchten müssen, weil er durch konsequentes Ignorieren das Quorum verhindern konnte, so Filzmaier.

Eine Verbesserung

Auch für die Volksbefragung, die im SPÖ- Positionspapier an erster Stelle kommt, wollen die Sozialdemokraten Mindestbeteiligungen, die derzeit nicht vorgesehen sind. Auch hier also eine Verschlechterung - aber auch eine wichtige Verbesserung: Ergebnisse von Volksbefragungen sollen bindend werden, was sie derzeit nicht sind. Beim Volksbegehren schlägt die SPÖ keine wesentlichen Änderungen vor. Es soll bei hoher Unterstützung eine intensivere Behandlung im Parlament geben als bisher, auch im Nationalratsplenum.

Verweis auf Länder

Ein gesetzliches Initiativrecht für Bürger, um das sich bei der ÖVP alles dreht, kommt im SPÖ-Papier nur in einem kleinen Absatz vor, der nichts Gutes verheißt: Gemeinsam mit den Ländern soll ein Modell entwickelt werden, wie Bürger Gesetzesänderungen durchsetzen können, steht da. Als ob Volksbegehren und Volksabstimmung noch nicht erfunden wären.