Michael Spindeleggers (ÖVP) ÖBB-Coup

Was zuerst wie ein Scherz klang, soll ernst gemeint gewesen sein. Gemeint ist ÖVP-Chef Spindeleggers Vorschlag im ORF-"Sommergespräch", der Milliardär und Neo-Politiker Frank Stronach solle die ÖBB kaufen und sanieren. Stronach nahm den Vorschlag ernst und ließ aus Kanada verlauten, dass er das Angebot gerne annehme. Der Vizekanzler will mit dem Austro-Kanadier über den Kauf der ÖBB sprechen. Die SPÖ ist sprachlos.

Morgenjournal, 7.9.2012

Lopatka-Wechsel schon bemerkbar

Kaum ist der profilierte ÖBB-Kritiker Reinhold Lopatka als Staatssekretär zurück und an Spindeleggers Seite im Außenamt, holt der Vizekanzler zu einer Art ÖBB-Befreiungsschlag aus. Gegen Ende des Sommergesprächs mit Armin Wolf am vergangenen Montag packt der ÖVP-Chef den politischen Newcomer Stronach bei seiner Unternehmer-Ehre: "Wenn er die ÖBB kauft und saniert. Das wäre zum Beispiel ein Vorschlag, den ich sehr begrüßen würde."

Frank Stronach, der zurzeit in Kanada weilt, reagierte positiv und teilte das gegenüber Ö1 über seine Sprecherin per Mail mit: "Es freut mich sehr, dass Vizekanzler Spindelegger offensichtlich großes Vertrauen zu mir hat und nehme das Angebot die ÖBB zu kaufen und zu sanieren gerne an." Und Spindelegger nimmt ihn beim Wort: "Das ist das, was ich erreichen wollte. Wir reden darüber, wie wir einem großen Unternehmen, das große Bedeutung für das Land hat, aber sehr viele Mittel des Bundes verschlingt, wie wir dort eine Änderung herbeiführen können. Wunderbar."

"Befürchtungen nicht in den Vordergrund stellen"

Dass die Eisenbahnergewerkschaft diese Anbahnung als schlechten Scherz bezeichnet und die von der ÖVP angestrebte Privatisierung der Bahn als Anschlag auf Pendler, Schulkinder und den umweltfreundlichen Güterverkehr bezeichnet, das räumt Spindelegger aus: "Also bevor man noch ein Wort darüber geredet hat, darf man nicht die Befürchtungen in den Vordergrund stellen. Dass wir mit der ÖBB ein wichtiges Unternehmen in Österreich haben, ist unbestritten. Dass wir aber dort etwa sieben Milliarden Euro Direktzuschüsse und Haftungen übernehmen, das ist ein gehöriger Teil unseres Budgets, muss auch gesagt werden. Daher Gesprächen führen, warten wir ab, was Stronach wirklich sagt."

Politisch sei Stronach ja ein unbeschriebenes Blatt, fügt der ÖVP-Chef hinzu. Für den Verkauf der ÖBB müsste erst ein Beschluss im Parlament herbeigeführt werden. Auf die Frage, wie er die SPÖ dafür gewinnen wolle, weicht Spindelegger aus: "Jetzt müssen wir doch einmal mit ihm reden, bevor wir die nächsten Schritte planen."

Keine Reaktion von SPÖ

Die SPÖ quittiert das alles mit fassungslosem Schweigen. Weder Finanzstaatssekretär Schieder noch Verkehrsministerin Bures waren zu einer Stellungnahme bereit. Im Büro Bures hieß es nur, die ÖBB stünden nicht zum Verkauf. Das muss jetzt nur noch jemand dem Vizekanzler sagen.