Libyscher Ministerpräsident abgesetzt

Der Streit um die Ministerliste hat Ministerpräsident Mustafa Abushagur nach nur einem Monat das Vertrauen des Parlaments gekostet. Die Lybier müssen erkennen, dass eine erfolgreiche Revolution gegen einen Tyrannen noch keine demokratische Zukunft bedeutet. Nach Jahrzehnten der Herrschaft Gaddafis zeigen sich die tiefen Risse in der Gesellschaft.

Mittagsjournal, 8.10.2012

Macht liegt bei Stammesfürsten

Dass es nicht leicht werden wird in Libyen eine Regierung zu formen die von allen Seiten akzeptiert wird, war von Anfang an klar. Denn die wahren Machthaber im Land sind die Stammesfürsten und Clanchefs. Und diese denken meist in sehr regionalen Kategorien. Sprich: Was ist gut für meine Leute - und nicht: was ist das Beste für das ganze Land.

Dazu kommt, dass die Stämme auch beim Krieg gegen das Regime Gaddafis auf verschiedenen Seiten gestanden sind.

Abushagur mit Balanceakt gescheitert

Jetzt soll die Nation geeint und der Ölreichtum gerecht verteilt werden. Eine sehr schwierige Aufgabe. Das hat jetzt auch Mustafa Abushagur zu spüren bekommen. Er ist erst vor einem Monat mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Doch ein heftiger Streit über die Ministerliste hat dazu geführt, dass er das Vertrauen des Parlaments verloren hat und zurücktreten musste.

Dabei hat er versucht die verschiedenen Begehrlichkeiten auszubalanzieren. Seine erste Ministerliste umfasst 29 Namen. Mit dabei sind mehrere Angehörige der Muslim Bruderschaft, aber kein Vertreter der Nationalen Allianz - der größten Koaltion von liberaleren Kräften. Das hat dazu geführt, dass Anhänger der Nationalen Allianz das Parlament gestürmt haben. Das Parlament hat eine 72-stündige Frist gesetzt die Liste zu verändern, doch das hat Abushagur offenbar nicht zur Zufriedenheit aller geschafft. Er beklagt, dass die Begehrlichkeiten einzelner Gruppen auf Posten in der Regierung einfach zu groß gewesen sind.

Libyien braucht funktionierende Regierung

Dabei sollte diese Regierung ohnehin nur ein Übergangskabinett sein bis eine neue Verfassung ausgearbeitet ist und Neuwahlen stattfinden können. Libyen kann eine funktionierende Regierung jedenfalls dringend brauchen. Denn trotz des Ölreichtums gehen die Arbeiten am Wiederaufbau nach dem Krieg nur sehr langsam vor sich. Dabei ist eine funktionierende Infrastruktur notwendig, um die Ölvorkommen effizient nutzen zu können.

Jetzt ist die Nationalversammlung am Zug. Sie muss einen neuen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs benennen.

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