Ausnahme für Wasser in EU-Richtlinie

Der Verdacht, dass aus der Europäischen Union Druck in Richtung Privatisierung der Wasserversorgung kommen könnte, erhitzt seit Wochen die Gemüter. Konkret geht es um neue europaweite Regeln für die Konzessionsvergabe durch Städte und Gemeinden. Der zuständige Binnenmarktkommissar hat jetzt vor dem Europaparlament eine Korrektur seines Gesetzesvorschlages angekündigt: Es soll eine Ausnahme geben.

Morgenjournal, 22.2.2013

Reaktion auf politischen Druck

Mit einer ausdrücklichen Ausnahmeregel für die öffentliche Wasserversorgung bei der neuen Ausschreibepflicht will Binnenmarktkommissar Michel Barnier den Verdacht zerstreuen, dass Brüssel auf eine Zwangsprivatisierung städtischer Wasserwerke aus ist. Die Europäische Kommission hat diese Vermutungen schon bisher zurückgewiesen. Aber im Europäischen Parlament wuchsen bei deutschen und österreichischen Abgeordneten aus allen Fraktionen die Bedenken.

Nach der ersten Verhandlungsrunde im Europaparlament ist die Kommission zu Korrekturen bereit: Die neue Richtlinie wird jetzt unmissverständlich festlegen, dass keine Wasserprivatisierung beabsichtigt ist, versichert der zuständige französische Europaabgeordnete Philippe Juvin, und zwar in Artikel 1 der Richtlinie. SPÖ-Europaabgeordneter Josef Weidenholzer sieht darin auch einen Erfolg einer Bürgerinitiative, die europaweit Unterschriften gegen die Privatisierung sammelt.

Mehrheit erleichtert

In halb Europa werden die Wasserleitungen nicht von den Stadtwerken betrieben, sondern von privaten oder halbprivaten Unternehmen. Viele Gemeinden vergeben die Stromversorgung , die Müllanfuhr oder Teile des öffentlichen Verkehrs an Außenfirmen. Die Aufträge sollen in Zukunft nach europäischen Ausschreiberegeln vergeben werden. Davon erhofft man sich mehr Konkurrenz, größere Transparenz und bessere Möglichkeiten der Korruptionsbekämpfung. Ist die Wasserversorgung ausgenommen, dann steigen die Chancen auf eine Mehrheit im Europäischen Parlament für diese neuen Regeln.