Gefördertes Wohnen: Debatte über Treffsicherheit

Der umstrittenste Vorschlag aus dem Bündel an Ideen von Rot und Schwarz ist jener nach mehr Treffsicherheit bei der Belegung von geförderten Wohnungen. Die ÖVP will die Einkommen der Wiener Gemeindebau-Mieter überprüfen lassen, die SPÖ argumentiert dagegen. Interessant sind dabei die vertauschten Rollen, in denen die Parteien sich üben.

Mittagsjournal, 3.4.2013

Lex Pilz

Was die ÖVP sich wünscht, das sind höhere Mieten für Menschen wie Peter Pilz. Der lebt in einer Gemeindewohnung im Wiener Stadtteil Kaisermühlen und er tut das seit jenen Tagen, als er noch nicht Nationalratsabgeordneter der Grünen war und entsprechend weniger verdient hat. Damals erfüllte Pilz die Einkommens-Kriterien für den Gemeindebau und deshalb wohnt er weiterhin dort. Für die ÖVP eine klassische Fehlbelegung, gegen die etwas getan werden muss.

Deutsche schaffen wieder ab

In Deutschland kennt man in diesem Zusammenhang die Fehlbelegungsabgabe - oder besser gesagt: kannte man. Denn Anfang der 1980er Jahre wurde dort den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt, eine solche Abgabe für Besserverdiener einzuführen - de facto eine Mieterhöhung. Doch die meisten deutschen Bundesländer haben das mittlerweile wieder abgeschafft - zuletzt Mitte 2011 in Hessen. Ein Umstand, auf den die SPÖ triumphierend hinweist. Interessant ist, dass es CDU und CSU waren, die der Fehlbelegungsabgabe in Hessen den Garaus machten - also die deutschen Schwesterparteien der ÖVP, die so etwas bei uns einführen möchte. Die hessischen Sozialdemokraten wollten die Abgabe - anders als die SPÖ bei uns - erhalten.

Einkommenskontrolle auch bei Eigenheimen?

Aber auch sonst sind die Rollen in dieser Debatte seltsam vertauscht. Würden nämlich Einkommensüberprüfungen für Gemeindewohnungen eingeführt, dann müsste das wohl auch für den restlichen geförderten Wohnbau gelten - denn ob geförderte Miet-, Genossenschafts- und Eigentumswohnungen oder auch Eigenheime: überall gelten Einkommensgrenzen, die im Nachhinein nicht mehr überprüft werden. Und wenn diese Nachkontrolle über den Wiener Gemeindebau hinaus schlagend würde, dann hätte die ÖVP damit eher keine Freude. Denn etwa die Hälfte der Wohnbauförderungsmittel fließt nicht in Miet- oder Genossenschaftswohnungen, sondern in Eigentumswohnungen und Eigenheime. Noch nie hat es die ÖVP der SPÖ so leicht gemacht, sich als Hüterin und Rächerin der Mittelstandsfamilien und Häuslbauer in Szene zu setzen.