Experten: Auch "Bevölkerungsaustausch" falsch

In Salzburg hat der FPÖ-Landesobmann wahlkampftechnisch auf den schon in der NS-Zeit gebräuchlichen Begriff "Umvolkung" zurückgegriffen. Es geht also wieder gegen das Fremde, gegen die Ausländer. Inhaltlich hat das FPÖ-Bundesparteiobmann Strache bestätigt, auch wenn Strache lieber von "Bevölkerungsaustausch" statt von "Umvolkung" redet. Inhaltlich liegt er damit trotzdem völlig falsch.

Mittagsjournal, 17.4.2013

Nur besser formulieren?

Heinz-Christian Strache will ein moderner und in die Zukunft gewandter Politiker sein und sich nicht mit Diskussionen über belastete Begriffe aufhalten. Beispiel Susanne Winter: Die FPÖ-Abgeordnete hatte den Propheten Mohamed als Kinderschänder bezeichnet und ist deshalb wegen Verhetzung verurteilt worden. Für Strache hat Winter nur unglücklich formuliert. Und Barbara Rosenkranz hatte als freiheitliche Präsidentschaftskandidat das NS-Verbotsgesetz in Frage gestellt und keine klaren Worte zur Existenz von Gaskammern in der NS-Zeit finden wollen. Strache meinte nur, Rosenkranz hätte besser formulieren können. Und das sagt der FPÖ-Chef jetzt auch in Sachen "Umvolkung": Der Salzburger Landesobmann Karl Schnell hätte besser "Bevölkerungsaustausch" gesagt, aber er habe inhaltlich völlig recht, so Strache.

Kein unschuldiger Begriff

Der Kommunikationswissenschaftler Matthias Karmasin meint, dass Straches neuer Begriff genauso problematisch sei wie der aus der NS-Zeit belastete Begriff "Umvolkung": "Es gibt keine unschuldigen Begriffe und auch 'Bevölkerungsaustausch' ist etwas, das suggeriert, dass eine Bevölkerung ausgetauscht würde und dass es eine zentrale Instanz gäbe, die diesen Prozess lenkt und steuert."

Ergänzung statt Austausch

Migrationsforscher August Gächter vom Zentrum für soziale Innovation stellt der Wahlkampf-Botschaft der FPÖ die Fakten gegenüber: "2011 hat Österreich eine Einwanderung von rund 114.000 Personen gehabt. Davon sind aber nur 40.000 von außerhalb der EU gekommen. Wieder ein Teil waren Asylwerber. Das heißt, derzeit ist der Zuzug wesentlich aus den EU-Staaten bestimmt. Dazu muss man sagen, dass der nicht von selber angefangen hat, sondern der ist 1997 durch Anwerbung in Deutschland angeleiert worden." Im Wesentlichen finde da eine Ergänzung der Bevölkerung statt, weil der Arbeitsmarkt eine größere Nachfrage habe, als sie mit inländischen Arbeitskräften gedeckt werden kann, so Gächter.

Aufsehen erregen

Der Sprachwissenschaftler Helmut Gruber von der Universität Wien bringt die Rolle der Medien ins Spiel: "Einerseits ist es eine Irreführung, denn natürlich geht es nicht um einen Austausch der Bevölkerung, sondern um eine Zuwanderung. Und auf der anderen Seite steht der Signalcharakter, den diese Begriffe haben, im Vordergrund. Man kann damit sehr leicht Aufsehen erregen. Das sieht man immer wieder, dass durch diese Wortwahl ein großes mediales Echo entsteht."

Und weil wir vom Mittagsjournal auch Teil dieses Spiels sind, werden wir uns erlauben, es auch immer wieder zu hinterfragen.