Syrien: Türkei alleine mit strikter Anti-Assad-Linie

Die schweren Bombenanschläge in der türkischen Stadt Reyhanli geben weiterhin Rätsel auf. Nach Angaben der türkischen Regierung gebe es Beweise, dass die neun verhafteten Täter im Auftrag des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad gehandelt hätten. Syrien bestreitet das heftig. Die Türkei steht unterdessen mit ihrer strikten Ablehnung Assads auf dem internationalen Parkett zunehmend alleine da.

Mittagsjournal, 14.5.2013

Aus Istanbul berichtet ORF-Korrespondent

Türkei wegen Anti-Assad Politik Zielscheibe?

Soll die syrische Opposition gezwungen werden, mit Präsident Assad zu verhandeln? Der türkische Regierungschef ist strikt dagegen und will dieses
Nein diese Woche in Washington auch gegenüber US-Präsident Barack Obama vertreten. Aus türkischer Sicht kann der Diktator, in dessen Namen so viele
Verbrechen begangen wurden, nicht Teil einer Lösung sein.

Möglicherweise ist es die exponierte Anti-Assad-Politik der Türkei, die sie am vergangenen Wochenende zur Zielscheibe von zwei verheerenden
Bombenanschlägen gemacht hat. Das wird zumindest von türkischen Kommentatoren vermutet.

USA und Westeuropa auf Russlands Kurs

Doch mit dieser strikten Haltung zum Syrien-Konflikt steht Ankara mittlerweile alleine da. Die USA und Westeuropa haben sich schrittweise der russischen Position angenähert: Moskau besteht darauf, dass es ohne die Einbeziehung von Assad keine rasche Lösung geben könne.

In einem Punkt ist die Türkei bereits auf die Linie der internationalen Gemeinschaft eingeschwenkt: Die radikal islamische Al-Nusra-Front, die der Al-Kaida nahe steht, wird jetzt auch von Ankara als Gefahr gesehen, die isoliert werden soll.

Syrien: Linksextreme Türken verübten Anschläge

Damit hätte die Türkei in Syrien gleich zwei Feinde: Assads Regierung und den radikalen Rand der Opposition. Trotzdem schließt die türkische Regierung aus, dass ein Teil der syrischen Opposition mit den Bomben von Reyhanli zu tun haben könne.

Stattdessen wird als Täter im Auftrag Assads eine linksextreme türkische Splittergruppe genannt, von der man nur zweierlei weiß, nämlich dass sie in der Türkei seit Jahrzehnten nicht mehr aktiv ist und dass Anschläge dieser Art nicht zu ihrer Strategie gehören.

Proteste gegen Regierung in Reyhanli

Kein Verdacht fällt diesmal auch auf die kurdische PKK, die bisher bei Bombenanschlägen automatisch als Täter galt. Nach bisher unbestätigten Informationen soll sich die PKK gegenüber der türkischen Regierung verpflichtet haben, in Syrien die Fronten zu wechseln und ihren bisherigen Verbündeten Assad von nun an zu bekämpfen.

Doch das sind nur Vermutungen, denn über die Vereinbarungen der türkischen Regierung mit PKK-Chef Abdullah Öcalan ist wenig bekannt. In der von den Bombenanschlägen betroffenen Stadt Reyhanli an der türkisch-syrischen Grenze kam es gestern und heute zu Protestkundgebungen. Der türkischen Regierung wird vorgeworfen, mit ihrer Syrien-Politik die Sicherheit ihrer Bürger aufs Spiel zu setzen.

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