Brasilien: Massenproteste gegen Korruption

In Brasilien findet derzeit der Confederations Cup statt - ein Testlauf für die Fußballweltmeisterschaft 2014. Seit Tagen demonstrieren tausende Brasilianer aber gegen die hohen Kosten für Fußballstadien und die damit zusammenhängende Misswirtschaft und Korruption in der brasilianischen Politik. Gestern Abend haben sich die landesweiten Demonstrationen auf mehr als 200.000 Menschen ausgeweitet - und sind eskaliert.

Mittagsjournal, 18.6.2013

Straßenschlachten in Rio, Brasilia, Sao Paolo

Es sind bürgerkriegsähnliche Szenen, die sich vor dem Regionalparlament in Rio de Janeiro abspielen: brennende Autos, geplünderte Geschäfte, Vermummte, die auf Dächer klettern. In Rio kommt es zu Straßenschlachten mit der Polizei, die Leute werfen Steine, Molotow-Cocktails und Kokosnüsse. Die Polizei setzt Gummigeschosse und Tränengas ein. Seit Tagen protestieren hunderttausende Menschen in zahlreichen brasilianischen Städten, in Rio, Brasilia, Sao Paolo. "Schluss mit der Korruption", schreien sie, "Für ein besseres Brasilien".

Dabei war es ursprünglich nur die Erhöhung der Busfahrpreise in Rio de Janeiro, die die Bewohner verärgert hatte.

Ärger über hohe Kosten für WM und Olympia

Zwanzig Centavos mehr verlangen die Behörden jetzt, umgerechnet nicht einmal zehn Eurocent. Doch darum geht es längst nicht mehr. "Die zwanzig Centavos sind der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat", sagt ein Demonstrant, "die Politiker stehlen, wo sie nur können. Es gibt Korruption, für die niemand ins Gefängnis geht, Kriminalität. Wir akzeptieren das nicht mehr, auch nicht die Vetternwirtschaft im Kongress."

Der Ärger der Leute richtet sich vor allem gegen die Milliarden-Ausgaben der Regierung für die Fußball-WM kommendes Jahr und die Olympischen Spiele 2016. Alleine für die WM rechnet die Regierung mit Kosten von elf Milliarden Euro.

Wütend über Korruption

Brasiliens Wirtschaftswachstum liegt dagegen derzeit bei nur 0,6 Prozent. Gleichzeitig stieg im Mai die Inflation auf 6,5 Prozent. Die Preise für Strom, Wasser und öffentlichen Verkehr steigen, Lebensmittel sind mittlerweile sogar um 13 Prozent teurer. "Wir sind ausgebrannt," schimpft eine Demonstrantin, "für den Sport wird alles mobilisiert, aber für das Bildungs- und Gesundheitssystem ist kein Geld da."

Besonders wütend macht die Brasilianer die allgegenwärtige Korruption im Kongress und dem Senat und die Packelei zwischen den Regierenden und der FIFA. "Das ist ein Schrei der Gesellschaft gegen die Korruption, die das Land verschmutzt," sagt ein anderer Demonstrant, "wir haben es alle satt und wollen etwas dagegen tun."

Staatschefin: "Friedliche Demonstrationen legitim"

Die brasilianische Regierung reagiert fassungslos. Stellungnahmen gibt es noch keine. Über ihren Blog betont Staatschefin Dilma Youssef allerdings, dass "friedliche Demonstrationen" legitim seien und zu einer Demokratie dazu gehören.

Den 200.000 Demonstranten in Brasilien ist diese Aussage allerdings zu wenig.