Pflegekinder: Auf Bauernhöfen ausgebeutet

Nach den erschütternden Details über das Schicksal von Heimkindern, die vergangene Woche durch die Wilhelminenberg-Kommission veröffentlicht wurden, hat die Stadt Wien heute eine Pflegekinder-Studie präsentiert. Die Befürchtungen, dass Pflegekinder auf Bauernhöfen im Südburgenland und in der südlichen Steiermark durch Arbeit in der Landwirtschaft ausgebeutet wurden, haben sich bestätigt. Sie waren dort ein Ersatz für Mägde und Knechte und Opfer von psychischer, physischer und sexueller Gewalt.

Mittagsjournal, 19.6.2013

Hiebe statt Liebe

Die Pflegekinder haben Hiebe statt Liebe erhalten. Die Beziehungen zu den Pflegeeltern zwischen 1955 und 1970 waren geprägt von Distanz, Härte und Kälte. So bringen es die Studienautorinnen Studienleiterin Elisabeth Raab-Steiner und Gudrun Wolfgruber von der Wiener Fachhochschule Campus auf den Punkt. Bezeichnend, eine Formulierung im sogenannten Pflegebuch, das die Eltern erhalten haben: „bei nicht sachgemäßer Pflege und Erziehung müsste die Bewilligung zum Halten des Pflegekindes widerrufen werden.“

Es gab Tausende Pflegekinder aus Wien, am Höhepunkt 1969 waren 1300 in anderen Bundesländern –untergebracht – bis zu 10 pro Bauernhof Großteils im Raum Jennersdorf und Radkersburg. die Studienautorinnen haben 15 Betroffene, die sich als Opfer gemeldet hatten, befragt und auch ehemalige Jugendamtsmitarbeiterinnen. Die Studienautorinnen schließen nicht aus, dass es manche Pflegekinder positive Erfahrungen gemacht haben. Aber für die meisten galt wohl: Mit Einsetzen der Schulzeit vor allem Buben zu ganz schwerer Arbeit herangezogen werden, bis an Grenzen der Belastbarkeit.

Teils wurden die Kinder sogar gegen Geld verliehen an andere Bauern. Dazu kam massive körperliche Gewalt durch Züchtigungen: schwere Verletzungen, Schläge mit Gurte; und Einsperren in Silo angedroht. Und alle Befragten – auch männliche waren Opfer von sexuellen Übergriffen.

Die Folgen des Erlebten: Wenig Bildung, psychische und körperliche Schäden und früher Ausstieg aus dem Erwerbsleben. Viele ehemalige Pflegekinder leben heute am Existenzminimum. Was die Gegenwart betrifft will Jugendstadtrat Christian Oxonitsch die Auswahl von Pflegeeltern verbessern. Es soll das Vieraugenprinzip eingeführt werden, bei der Entscheidung ob jemand ein Pflegekind erhält.

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  • Sexuelle Gewalt