Jugendhaft: Karl-Maßnahmen "trivial"

Das von Justizministerin Beatrix Karl vorgelegte Maßnahmenpaket für den Jugendstrafvollzug seien "triviale Selbstverständlichkeiten", sagt Heinz Patzelt von Amnesty International. Jugendliche sollten überhaupt nur in extrem Ausnahmenfällen ins Gefängnis, so Patzelt im Ö1-Mittagsjournal.

Mittagsjournal, 12.7.2013

Heinz Patzelt von Amnesty International im Gespräch mit Cornelia Vospernik

Heinz Patzelt

(c) Pfarrhofer, APA

"Nur zum Besten der Jugendlichen"

Es sei grundsätzlich unverständlich, warum überhaupt eine Reform nötig sei, so Patzelt, denn Österreich habe vor vielen Jahren die Kinderrechtskonvention unterschrieben. In diesem Menschenrechtsdokument sei klar festgelegt, dass der Staat nur zum Besten des jeweiligen Kindes oder Jugendlichen bis 18 Jahre eingreifen dürfe. Nur im schlimmsten Fall dürfe es Haft für Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren geben, und dann nur unter vorsichtigen, betreuten Bedingungen.

Bessern statt strafen

Einen Fall, dass ein Bub in einer Viererzelle vergewaltigt wird, habe es schon vor vier Jahren gegeben, und schon damals sei versichert worden, dass die Verbesserungen demnächst kommen würden. "Ich bin sprachlos, wenn ich das lese in einem der reichsten Länder der Welt." Dass es mehr Personal und Zellen geben sollen, das seien "triviale Selbstverständlichkeiten". Der Punkt sei viel mehr: "Wo ist die psychologische Betreuung, die Unterstützung von Jugendlichen? Was tut man da, um möglichst rasch wieder einen guten, intakten Menschen daraus zu machen?" Verbesserungen nur in der Frage der Unterbringungen würden zu kurz greifen, warnt Patzelt. Auch wenn ein Jugendlicher zur Gefahr für seine Umwelt werden könnte, müsse jeder Eingriff daraus ausgerichtet sein, nicht zu bestrafen, sondern ausschließlich zu bessern. Zu den vorliegenden Bedingungen sei das unmöglich.

"Dass man jetzt erst einen Nachtdienst einführt und jetzt erst überlegt, Jugendliche nicht so zusammenzupferchen, dass Gewalt schon fast alltäglich ist, das ist ein Skandal." Wenn die Justizwache-Gewerkschaft in diesem Zusammenhang von Schwerverbrechern spreche, sei das eine "jenseitige Wortwahl".

Skandinavische Vorbilder

Als Vorbilder für den Umgang mit jugendlichen Straftütern verweist der Amnesty-Österreich-Generalsekretär auf skandinavische Länder. Dort werde ein straffälliger Jugendlicher als ein zu verbessernder Fall gesellschaftlichen Versagens betrachtet und nicht als Schwerverbrecher, bei dem nichts mehr hilft.