Irland erlaubt Abtreibungen

Das irische Parlament hat in der Nacht auf heute einem Gesetzesentwurf zur Lockerung des strengen Abtreibungsgesetzes zugestimmt. Sofern das Oberhaus der Entscheidung zustimmt, sollen Abtreibungen damit legal werden, aber nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen.

Mittagsjournal, 12.07.2013

Ein erster Schritt

Nach jahrzehntelangem Streit könnte Irland jetzt bald ein Gesetz zur legalen Abtreibung haben. Für die konservativen, erzkatholischen Verhältnisse im Land ist das ein großer Schritt. Aus europäischer Sicht ist die Änderung nur minimal: Abtreibung ist dann legal, wenn das Leben der Mutter durch die Schwangerschaft gefährdet ist. Dazu soll auch die Absicht der Schwangeren zählen, sich selbst das Leben zu nehmen. Frauen, die nach Vergewaltigungen oder Inzest schwanger werden, dürfen nach wie vor nicht automatisch legal abtreiben.

Zwei Todesopfer

Internationales Aufsehen erregte das absolute Abtreibungsverbot in Irland zum ersten Mal Anfang der Neunziger Jahre. Ein 14-jähriges Mädchen nahm sich damals das Leben, nach dem sie nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war und ihr das irische Gesetz die Abtreibung und der Staat die Ausreise nach England verbot. Der Oberste Gerichtshof in Irland entschied damals, dass Schwangerschaftsabbrüche legalisiert werden sollten, und zwar dann, wenn das Leben der Mutter durch die Schwangerschaft in Gefahr sei. Doch es mussten Jahrzehnte vergehen, bis diese Entscheidung in ein Gesetz gegossen wurde. Keine Regierung in Irland wollte das Thema auf den Tisch bringen. Dass es jetzt doch soweit ist, liegt an einem weiteren Todesfall, der durch einen Schwangerschaftsabbruch verhindert werden hätte können. Im vergangenen Oktober starb eine 31-jährige Frau nach einer Fehlgeburt an einer Blutvergiftung. Obwohl die Frau darum gebeten hatte, verweigerten die Ärzte die Abtreibung.

Internationaler Druck

Es war schließlich der internationale Druck, der die irische Regierung zum Handeln gezwungen hat, zu der kleinsten aller Liberalisierungen. Denn die Mehrheit der irischen Gesellschaft ist für ein Verbot von Abtreibungen. Die irische Ministerin Lucinda Creighton trat sogar zurück, weil sie nicht vertreten konnte, dem Vorschlag zuzustimmen. Das geflügelte Wort "Nach England gehen" das seit vielen Jahren als Synonym für Abtreibungen gilt, könnte also Realität bleiben. Laut dem britischen Gesundheitsministerium ließen im vergangenen Jahr rund 4000 irische Frauen einen Schwangerschaftsabbruch in England durchführen, das sind mehr als elf Frauen pro Tag.