"Wagnerdämmerung" von Paulus Manker

Auf über 430 Aufführungen hat es Paulus Mankers berühmte Inszenierung von "Alma" gebracht. Jetzt hat Manker einen neuen Coup gelandet, eben dort, wo "Alma" in Wien wieder Station gemacht hat: Im alten Telegrafenamt an der Börse gab es gestern "Wagnerdämmerung". Mankers neue Inszenierung nähert sich Richard Wagner im Jubiläumsjahr auf sehr ungewohnte Weise.

Morgenjournal, 17.7.2013

Es empfiehlt sich, schon eine Weile vor dem Beginn von Paulus Mankers neuem Spektakel ins Telegrafenamt zu kommen, um im Parterre, die unterschiedlichsten künstlerischen Positionen zu Richard Wagner zu studieren - von Hermann Nitsch bis zu Erwin Wurm und Mara Mattuschka. Im Hof des Hauses beginnt dann die Wagnerdämmerung mit Tänzern, Musik von Wagner und Zitaten aus dem Lohengrin.

Dann steigt das Publikum drei Stockwerke hinunter in den Orkus und kommt in ein Labyrinth von Räumen, die mit Wagners Welt prall gefüllt sind, Figuren aus seinen Opern vor allem aus dem Ring, Wagners Frauen Minna und Cosima, und auch Richard in den verschiedensten Facetten.

Manker löst Wagner heraus aus seinem Kontext und macht ihn auch für jene fühlbar, die vielleicht sonst nichts mit ihm anfangen können : Obsession und Unbedingtheit. Und wirklich gibt es Momente in denen man nur mehr der Musik, lauscht, vielleicht intensiver als in der Oper.

Aber auch die dunklen Seiten, etwa Wagners Antisemitismus, bleiben nicht ausgespart sowohl in Zitaten aus dem Werk, als auch in der Person der Hitler-Anhängerin Winifred Wagner.

Natürlich machen sich alle im Publikum ihre eigene Wagnerdämmerung, je nach dem, welchen Raum man gerade betritt oder verlässt. Alles verläuft simultan und doch irgendwie einer geheimen Dramaturgie folgend, die am Ende auf der gesperrten Straße vor dem Telegrafenamt mit einem Leichenzug, Fackeln und einer Kutsche endet, die einen Sarg abholt - und mit tosendem Applaus.

Textbearbeitung: Joseph Schimmer

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