Lust am Leben mit 60: "Gloria"

Immer mehr Filme beschäftigen sich mit Menschen um die 60. Diese Woche kommt eine Tragikomödie aus Chile in die heimischen Kinos. Gloria ist eine Endfünfzigerin, die sich trotz einiger Rückschläge die Lust am ausgelassenen Leben nicht nehmen lassen will. Paulina Garcìa hat für ihre Darstellung der Gloria auf der heurigen Berlinale den Silbernen Bären gewonnen.

Morgenjournal, 6.8.2013

Eine Tanzbar in Santiago de Chile, ein Single-Treff für Junggebliebene. An der Bar steht die 58-jährige Gloria und lässt ihren schelmisch-neugierigen Blick durch ihre viel zu großen Brillen über die anwesenden Männer schweifen. Sie ist geschieden, die Kinder sind erwachsen und aus dem Haus, was liegt also näher, als eine neue Beziehung zu beginnen.

In einem heuer über weite Strecken bierernsten und staubtrockenen Berlinale-Wettbewerb wirkte die quirlige und humorsprühende Gloria wie eine Frischzellenkur und der Film wurde von vielen Kritikern als Favorit für den Goldenen Bären gehandelt. Dafür reichte es zwar nicht, Paulina Garcìa wurde aber als beste Darstellerin ausgezeichnet. Zu Recht, denn ihr nuancenreiches Spiel reichte von stummer Verzweiflung bis zu mitreißendem Enthusiasmus.

Die sehr private Geschichte der Gloria erzählt Regisseur Sebastián Lelio vor dem Hintergrund des chilenischen Alltags. Nicht aufdringlich und plakativ, sondern als beunruhigendes Hintergrundrauschen tauchen da immer wieder die Probleme des südamerikanischen Landes auf. Die tragischen 15 Jahre der Militärdiktatur unter Pinochet, die erst 1988 endete, werden da ebenso gestreift wie die gesellschaftlichen Spannungen in der Gegenwart. So kommt Gloria einmal gedankenversunken an einer Demonstration gegen die rechtsgerichtete Regierung des Landes vorbei.

Solche Protestzüge seien ein gewohntes Bild in den Straßen von Santiago de Chile, so Regisseur Sebastián Lelio. Die Studenten demonstrieren schon lange und ganz systematisch. Das sei ein Symptom für eine tiefgreifende Veränderung, für eine Art Wiedergeburt der chilenischen Gesellschaft, eine Erneuerung, die sich direkt auf der Straße abspielt.

Auch Gloria kämpft um ihr Glück und greift schließlich sogar zur Schusswaffe. Aber weil es eben Gloria ist, fließen dabei keine Blutströme, sondern die Lachtränen des Publikums.