USA - Iran: "Einzigartige Szenen der Diplomatie"

Es ist eine der größten Überraschungen im Rahmen der UNO-Vollversammlung: Die USA und der Iran haben in den vergangenen Tagen neue, versöhnlichere Töne angeschlagen. Der Iran signalisiert den USA im Streit um das umstrittene Atomprogramm Annäherung. Am Donnerstag sollen nun sogar die Außenminister der beiden Länder zum ersten Mal seit Jahrzehnten aufeinandertreffen.

Mittagsjournal, 24.9.2013

Aus den USA,

"Einzigartige Szenen"

Fragt man den Iran-Experten Michael Adler nach dem politischen Tauwetter zwischen dem Iran und den USA, kann er fast ins Schwärmen geraten: "Es passieren derzeit Dinge, die noch nie passiert sind. Einzigartige Szenen der Diplomatie. Ich beobachte die iranisch-amerikanischen Beziehungen seit 2002 und ich kann Ihnen sagen, die derzeitige Atmosphäre ist überaus beeindruckend."

Natürlich seien die USA gut beraten, die iranischen Annäherungsversuche mit Vorsicht zu behandeln, sagt der Experte vom Woodrow Wilson Think Tank in Washington. Aber der Wille sei da, das Engagement sei zu spüren: "Es scheint klar zu sein, dass die Sanktionen der USA effektiv waren, die iranische Wirtschaft ist am Boden, die Währung ist schwach, es gibt ein medizinisches Versorgungsproblem im ganzen Land. Mit Rouhani haben die Iraner jetzt die Chance, diese Sanktionen zu lockern, ohne das Gesicht zu verlieren."

Vielversprechende Gesten

Die iranische Führung scheine es ernst zu meinen, sagt der Iran-Kenner John Limbert, der 1979 im Zuge der iranischen Revolution an der US-Botschaft in Teheran als Geisel gehalten wurde: "Wir müssen natürlich vorsichtig sein und abwarten. Aber der Ton ist definitiv neu. Und gerade bei diesem komplizierten Verhältnis zwischen dem Iran und den USA, in dem seit 34 Jahren kein Wort miteinander gesprochen wird, ist jedes Wort, jede Geste von großer Bedeutung."

Und Gesten gibt es in letzter Zeit viele: Persönliche Briefe zwischen US-Präsident Obama und Irans Präsident Hasan Rouhani, iranische Twittergrüße zum jüdischen Neujahrsfest, zahlreiche Freilassungen politischer Häftlinge, ein Gastkommentar des Staatsoberhauptes in der Washington Post – erstmals seit Jahren könnte es eine echte Chance auf ein verbessertes Gesprächsklima geben, sagt Limbert: "Wichtig dabei ist, dass Rouhani offenbar vom obersten geistlichen Führer des Iran unterstützt wird. Die beiden kennen sich sehr gut und sehr lange. Sie scheinen erkannt zu haben, dass die Islamische Republik nur dann überleben kann, wenn ein anderer Weg eingeschlagen wird."

"Krieg will niemand"

Hoffnungsvolle Töne also - Doch es gibt auch kritische Stimmen in den USA. Rouhani wolle nur ablenken, poltern zahlreiche Politiker und Experten, Obama könnte schwach wirken, gehe er auf diese Manöver ein. Ein Vorwurf, den Michael Adler nicht gelten lässt: "Das ist absurd. Wer auch immer dieser Meinung ist, hat den Verstand verloren. Es kann nicht schlecht sein, zu verhandeln, denn die einzige Alternative ist Krieg und das will niemand!"

In jedem Fall sei es ein Versuch wert, an den angeschlagenen Beziehungen zu arbeiten, darin sind sich beiden Experten einig. Allerdings brauche es dafür eine Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten, sagt John Limbert. Für verletzten Stolz und alte Ressentiments gebe es keinen Platz mehr, weder bei den Iranern noch in den USA: "Das Problem ist: beide Seiten sind aus der Übung. Wir haben lange keinen diplomatischen Kontakt gehabt. Wir haben uns beschimpft, beleidigt und bestraft. Darin sind wir sind gut, denn das haben wir in den 34 Jahren gut geübt. Was wir nicht geübt haben, ist das Zuhören, das Abwarten. Wir werden Geduld haben müssen, denn es wird sicherlich mühsam werden, es wird Stolpersteine geben. Aber das macht Diplomatie aus. Manchmal muss man eben einsehen, dass man nichts erreicht, wenn man immer nur Nein sagt und die gleichen alten Phrasen drischt."

Mit dem Treffen der beiden Außenminister schreiben die USA und der Iran jedenfalls bald schon Geschichte, sagt John Limbert. Diese Gelegenheit ungenützt verstreichen zu lassen, das wäre eine Schande.