Gewerkschafter gegen Faymanns ÖVP-Kurs

In der SPÖ mehren sich Zweifel, ob es klug von Parteichef Werner Faymann war, sich auf die ÖVP als Koalitionspartner festzulegen. Vor allem sozialdemokratische Arbeitnehmervertreter von Gewerkschaft und Arbeiterkammer sind dafür, auch mit den Freiheitlichen über eine mögliche gemeinsame Regierung zu verhandeln.

Werner Faymann

(c) Schlager, APA

Mittagsjournal, 2.10.2013

"In Geiselhaft der ÖVP"

Es waren zunächst sozialdemokratische Arbeitnehmervertreter aus den Bundesländern, die die Linie der SPÖ-Führung kritisiert haben. Es sei nicht gut, wenn die SPÖ nur mit der ÖVP über eine Koalition rede, sagt der Salzburger Arbeiterkammer-Präsident Siegfried Pichler: "Wir begeben uns mit dieser Position in die Geiselhaft der ÖVP. Die SPÖ hat dann gar keine andere Option, als die Bedingungen der ÖVP anzunehmen." Die SPÖ solle zumindest Gespräche mit den Freiheitlichen führen. Es gebe "natürlich starke Grenzen", wie das Ausländerthema oder die EU, "Aber es gibt wahrscheinlich auch viele Gemeinsamkeiten", so Pichler. So könnte die SPÖ bei sozialen Themen wie etwa bei den Pensionen mit der FPÖ besser als mit der ÖVP.

"Fataler Fehler"

Ähnlich argumentiert Norbert Loacker, der ÖGB-Vorsitzende von Vorarlberg. Seine Einschätzung zur Festlegung der Sozialdemokraten auf die ÖVP: "Ich halte das für einen fatalen Fehler." Ende der 90er-Jahre habe es eine ähnliche Situation gegeben, so Loacker: "Die Geschichte wiederholt sich." Man könne nicht die gesamte Wählergruppe der FPÖ ausschließen.

Auch Horst Schachner vom steirischen ÖGB tritt für Gespräche mit den Freiheitlichen ein und für ein Ende der "Ausgrenzungspolitik". Schachner: "Es sind nicht alle über den rechten Rand hinaus, die die FPÖ gewählt haben…. Das kapiert keiner, dass man mit einer Gruppe nicht redet. Das ist demokratiepolitisch bedenklich und sollte man in Zukunft lassen. Man sollte mit allen Parteien reden."

Gespräche mit FPÖ aufnehmen

Auch Josef Muchitsch von der Gewerkschaft Bau-Holz, der auch ein Mandat im neuen Nationalrat haben wird, äußert sich in diese Richtung: "Ich habe die Angst, das wir wieder die Hosen runterlassen müssen bis unter die Knöcheln wie damals 2006 unter Gusenbauer, nur um mit der ÖVP eine Regierung zustande zu bekommen." Sollte die ÖVP zu viel fordern, müsste die SPÖ auch nach einer anderen Koalitionsvariante "schielen", so Muchitsch, der davon ausgeht, dass in Sozialthemen die FPÖ der SPÖ näher stehe als die ÖVP. "Daher sollte man die Gespräche aufnehmen, auch in dem Wissen dass die Freiheitlichen von ihrem Programm Abstriche machen müssten."

Variante Minderheitsregierung

Nikoalus Kowall, sozialdemokratischer Jugendvertreter der Sektion 8, kann sich zwar keine Koalition mit der FPÖ vorstellen, sieht aber inhaltliche Gemeinsamkeiten in manchen Bereichen: "Immerhin haben wir mit der FPLÖ damals die Studiengebühren abgeschafft, den Eurofighter-Untersuchungsausschuss eingesetzt, und da hat sich auch niemand aufgeregt." Daher könne man auf parlamentarischer Ebene auf jeden Fall mit der FPÖ kooperieren. Auch Kowall ist gegen eine Festlegung auf alleinige Verhandlungen mit der ÖVP, er hält auch eine Minderheitsregierung für eine Variante.