EU-Tabakrichtlinie: Mit Schock gegen Raucher

Im Europaparlament in Straßburg werden die Abgeordneten heute über eine neue Tabakrichtlinie abstimmen, die in ganz Europa drastische Veränderungen bringen wird. Durch Schockbilder auf den Zigarettenpackungen und das Verbot von Geschmackszusatzstoffen wie Menthol sollen vor allem Jugendliche vom Rauchen abgehalten werden.

Mittagsjournal, 8.10.2013

700.000 Tote jährlich

Die heutige Abstimmung ist mehrmals verschoben worden. Ein Kommissar musste zurücktreten, und viele Abgeordneten klagen über ein massives Trommelfeuer der Tabaklobby, um das Gesetz zu entschärfen. 700.000 Tote verursacht das Rauchen jedes Jahr in Europa. Immer wieder wird diese Zahl zitiert. Aus Deutschland CDU-Europaabgeordnete Karl Heinz Florenz. die Lobbyisten hätten nur dünne Argumente angesichts der Zahl der Toten.

Es ist heute eine hochemotionale Debatte im Europäischen Parlament. Durch große Schockbilder auf den Zigarettenpackungen und das Verbot von Geschmackzusatzstoffen ist das Rauchen in Kanada, Australien und anderen Staaten massiv zurückgegangen, argumentiert EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg: Keine Zigaretten mit Vanillegeschmack, keine Zigaretten mit Schokoladegeschmack und keine Metholzigaretten darf es geben, verteidigt der Gesundheitskommissar seinen Gesetzesvorschlag.
Tausende Abänderungsanträge liegen vor. Ob jetzt 75 Prozent, 65 Prozent oder gar nur 50 Prozent der Zigarettenschachtel mit Warnungen versehen sein sollen, ist umstritten. Es tobt auch der Streit, ob elektronische Zigaretten, die das Nikotin über Wasserdampf zuführen, nur in Apotheken wie ein Arzneimittel erhältlich sein sollen.

Regelung ab Mitte 2014

Grundsätzliche Einwände formuliert der österreichische BZÖ-Abgeordnete Stadler: er sei gegen Moralisieren und Regelungen. Und: wann würden etwa Wein- und Whiskey-Flaschen mit Schockbildern versehen, fragt er. Hans Peter Martin, der fraktionsunabhängige Abgeordnete aus Österreich, legt sich für die Richtlinie ins Zeug und wettert gegen die Beeinflussungsversuche der Tabakindustrie.

Die großen Parteienfamilien Christdemokraten, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale unterstützen alle schärfere Tabakgesetze.
ÖVP-Europaabgeordneter Richard Seeber meint, heute würden Zigarettenkeine Zulassung mehr erhalten. SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach warnt davor, die gezielt auf Kinder gerichtete Werbung der Tabakfirmen zu unterschätzen.

Die Abstimmung hat in Straßburg noch nicht begonnen. Damit die Tabakrichtlinie in Kraft treten kann, muss es noch Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten geben. Spätestens im Sommer 2014 sollten die neuen Tabakregeln gelten, wenn sie heute durchgehen, so hofft die Europäische Kommission.