Chodorkowski bleibt in Berlin

Der frühere Öl-Milliardär und spätere Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski ist am Freitag überraschend aus der Lagerhaft freigekommen und sofort nach Berlin geflogen. Dort machte er in einer Pressekonferenz deutlich, dass er sich nicht auf einen Machtkampf mit Russlands Präsident Putin einlassen wird. Chodorkowski will vorerst in Berlin bleiben.

Michail Chodorkowski

© APA/dpa/Michael Kappeler

Morgenjournal, 23.12.2013

Von Freilassung überrascht

Warum ausgerechnet Berlin, haben sich viele Beobachter am Freitagnachmittag gefragt - bis es dann klar war: Der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher hat eine entscheidende Rolle bei Michael Chodorkowskis Freilassung gespielt. Er hat persönlich mit Präsident Putin verhandelt und schnell das Privatflugzeug organisiert, mit dem Chodorkowski Russland verlassen hat. Auf der Fahrt vom Flughafen Berlin Schönefeld ins Stadtzentrum war Genscher auch dabei.

Chodorkowski selbst war von der Freilassung völlig überrascht worden. Seine Wärter hätten ihn um zwei Uhr früh geweckt und dann sei er schon auf dem Weg nach Berlin gewesen. In den nächsten Stunden versuchte Michael Chodorkowski dann, seine Familie in der deutschen Hauptstadt zu versammeln. Seine Eltern flogen aus Moskau ein. Sein Sohn Pawel kam aus New York.

Kein Machtkampf gegen Putin

Die Chodorkowskis steigen im noblen Hotel Adlon ab, gleich neben dem Brandenburger Tor. Dort warten Journalisten aus aller Welt auf ein Bild oder ein kurzes Interview, aber Chodorkowski zeigt sich nicht. Sein Sohn Pawel kommt kurz vor den Hoteleingang: "Mein Vater ist frei, unsere Familie wird wieder zusammengeführt und wir sind unendlich glücklich darüber, nach diesen zehn Jahren der Trennung." Und dann lädt der Sohn zur Pressekonferenz mit dem berühmten Vater - Sonntagmittag - im Berliner Mauermuseum. Das spricht sich wie ein Lauffeuer herum. Fernsehstationen aus der ganzen Welt melden sich an. Der Presseraum ist innerhalb kürzester Zeit hoffnungslos überfüllt, alle im Saal warten auf die Antwort auf eine Frage. Wird Chodorkowski Präsident Putin herausfordern? "Nein" - das ist der Satz, der möglicherweise der Preis für seine Freiheit war. Chodorkowski spricht sich auch gegen einen Boykott der Olympischen Spiele in Sotschi aus. Und dann bittet er die vielen Journalisten, ab sofort ein bisschen sein Privatleben zu respektieren.