Krimi von James Carlos Blake

Das Böse im Blut

Zugegeben, das ist kein Krimi im herkömmlichen Sinn. Hier gibt es keine Detektive, die auf spitzfindigste Weise Fälle lösen, hier gibt es auch keine Polizeikommissare, die sich auf Verbrecherjagd machen. Nein. Hier gibt es ausschließlich das, was im Romantitel steht: "Das Böse im Blut".

Und vorneweg: Selten gab es so viel an Gewalttätigkeit und Niedertracht, so viel an Schrecken und Bösartigkeit zu lesen, wie in diesem Roman des in Arizona lebenden US-Amerikaners James Carlos Blake.

Zwei Brüder unterwegs

Die Geschichte beginnt in Georgia, in etwa um 1840, sie führt nach Florida, und sie endet irgendwo zwischen Texas und Mexiko, nach wie vor im 19. Jahrhundert. Ein gewalttätiger Vater, eine Kindsmutter, der der Ruf anhängt, in vergangenen Zeiten Prostituierte gewesen zu sein, dazu eine frühreife Tochter und zwei zur Gewalt neigende und dahingehend erzogene Söhne sind das Personal eines "Wild-West"-Romans, wenn man ihn so nennen will.

Fakt ist: Der Vater wird von einem der Söhne erschossen, Mutter und Tochter werden vermisst, die beiden Brüder machen sich von Florida, dem aktuellen Standort des Geschehens, aus über New Orleans auf den Weg nach Texas, mitten hinein in den Krieg zwischen Mexiko und den USA.

Was auf dieser Reise, vom kriminellen Anfangspunkt bis hin zum kriegerischen Ende geschieht, das ist wahrlich nicht jugendfrei. Es wird gestohlen, geraubt, geplündert und gemordet, beschrieben bis ins letzte Detail. Und hier ist noch die Rede von den Nichtkriegsschauplätzen im Osten der USA.

Kain und Kain

Je weiter die Brüder, getrennt voneinander, nach Westen kommen, desto grausamer wird die Schau, aufgezeichnet wie eine "Road novel" des 19. Jahrhunderts. Ohne Straßen und ohne Erbarmen. Sie verdingen sich unter kuriosen Umständen bei Söldnern und in den feindlichen Armeen. Hier Mexiko, dort Texas, dazwischen die Jagd auf Indianer, auf Skalps und Pferde.

Die Geschichte dieser Brüder, die einen anfangs an "Kain und Abel" denken lässt, bis man erkennen muss, dass es sich hier um zwei Kains handelt, diese durchaus apokalyptisch zu nennende Reise in den Westen, endet in Mexico, bald nach dem Krieg, den bekanntermaßen die USA anno 1848 gewonnen haben. Selten - und das ist auch der Grund dafür, warum ein sogenannter "Western" als Kriminalliteratur vorgestellt wird - selten ist die erzählerische Dekonstruktion des Wild-West-Mythos' so schonungslos verlaufen, wie in James Carlos Blakes Roman "Das Böse im Blut".

Es mag Vorbilder dafür geben, Sam Peckinpah für den Film und den Pulitzer-Preisträger Cormac Mc Carthy für die Literatur, aber was Blake hier vorlegt, ist ein absolut schlüssiges Bild einer sich nach allen Seiten hin ausbreiten wollenden und alle angreifen wollenden Gesellschaft, die ihre Existenz weniger dem Pioniergeist, als dem organisierten Land- und Menschenraub zu verdanken hat.

Service

James Carlos Blake, "Das Böse im Blut", aus dem amerikanischen Englisch von Matthias Müller, Verlag Liebeskind