Der Staat als Stalker
Web Attack
Wir stellen Tipps vor, wie man selbst für mehr Sicherheit im Internet sorgen kann. Dem hat sich auch Roman Maria Koidl in seinem Buch "Web Attack – Der Staat als Stalker" gewidmet, er beschreibt, wie wir uns als digital Naive Großkonzernen und Staaten unsere Daten und somit wertvolles Wissen über uns und Macht abgeben.
8. April 2017, 21:58
Roman Maria Koidl hat Angst vor dem stalkenden Staat. Deswegen hat er das Buch "Web Attack geschrieben". Und er will damit eine Debatte über die Zukunft im und mit dem Internet anregen, an der sich jeder beteiligen sollte.
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Ich habe Angst. Der Staat schaut uns ins Gehirn. Vielleicht denken Sie jetzt: Mir egal, ich habe nichts zu verbergen. Doch nicht das gespeicherte Gestern ist das Problem, sondern die Möglichkeit, aus den Informationen der Vergangenheit Ihr ganz persönliches Verhalten in der Zukunft vorherzusagen.
Damit trifft Koidl einen wichtigen Punkt, er beschreibt, dass wir die Kontrolle über unsere Daten und über unsere Spuren vergangener Aktivitäten im Netz längst verloren haben.
Immer überwacht
Noch viel weniger Kontrolle hatten wir aber darüber, wofür unsere persönlichen Daten verwendet werden, zum Beispiel als Prognose-Instrument für die Zukunft: Prognosen über unsere Kreditwürdigkeit, ob wir eine bestimmte Versicherung bekommen, eine Wohnung mieten können oder in bestimmte Länder einreisen dürfen.
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Wenn Sie der Meinung sind, dass das Abschöpfen von Daten für Sie persönlich weniger von Belang sei, weil Sie weder User von Facebook, Twitter, Google, XING, LinkedIN, Apple, Microsoft, Friendscout24, Parship oder einem anderen großen Anbieter im Netz sind, keine E-Mails versenden und nicht surfen, bildlich gesprochen also in einer Art Steinzeithöhle der Gegenwart leben, dann werfen wir doch einmal einen Blick in ihre Brieftasche: Payback, Douglas-Kundenkarte, Lufthansa Miles&More, Happy Digits, Gesundheitskarte, EC-Karte, Ihre Kreditkarte nicht zu vergessen.
Dazu kommt natürlich auch noch das Handy, zählt der Autor weiter auf. Das Smartphone, das permanent seinen Standort preisgibt, Daten aus dem Navi im Auto und Kamera und Mikrofon in Smartphone und Computer, die von außen aktivierbar sind. Die Ausrede, man sei nicht von der Datensammelwut betroffen, gelte also nicht.
Muss es wirklich Google sein?
Koidl schreibt in "Web Attack" über aktuelle Netz-Themen wie Selbstoptimierung und Selbstvermessung des Körpers dank Daten, über Identitätsverlierer in digitalen Parallelwelten, über Big Data, das Internet der Dinge und über Soziale Medien. Praktisch anwenden können Leser und Leserinnen die Tipps am Ende des Buches: Koidl erklärt ausführlich, wie Nutzer sich zwar nicht komplett anonym, aber zumindest sicher im Netz bewegen können.
Erster Tipp des Autors: Die eigene Daten-Emission auf ein Minimum reduzieren und vermeiden, seine eigenen Daten auf Servern in den USA zu speichern. Das heißt statt amerikanischen Cloud- und Datenbankanbietern wie "Dropbox" empfiehlt er die Programme "Seafile" oder "owncloud". Koidl geht auch noch einen Schritt weiter in Richtung Suchmaschine und fragt: Muss es wirklich Google sein?
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Wahrscheinlich haben Sie, wie viele Menschen, Google als Startseite eingerichtet, wenn Sie ins Internet gehen. Eine ältere Dame aus meinem privaten Umfeld glaubte gar, Google "gehöre" das Internet. Irgendwie war das richtig fasch, aber auch im Falschen irgendwie richtig. Wie dem auch sei, Google ist jedenfalls der größte private Datenstaubsauger der Welt. Wenn Sie eine Suchmaschine benutzen, werden Ihre Suchanfrage sowie Ihre IP-Adresse, mit der man Sie im Netz identifizieren kann, gespeichert. Zusätzlich werden sogenannte "Tracking-Cookies" auf Ihrem Rechner gespeichert, die wiederum Suchbegriffe, den gesuchten Begriff, den aufgerufenen Link und den Zeitpunkt Ihres Besuches abspeichert.
Mit den persönlichen Suchanfragen seiner Nutzer verdient sich Google eine goldene Nase. Denn, erklärt Koidl, was man im Internet sucht, gibt zum Beispiel Persönliches wie Gesundheitszustand, Interessen und politische Einstellung über eine Person preis.
Koidl empfiehlt eine Suchmaschine zu verwenden, die keine Daten speichert. Zum Beispiel startpage.com, eine Suchmaschine aus den Niederlanden, bei der die Identität des Nutzers verschleiert bleibt. Oder: Duckduckgo, eine Suchmaschine, bei der Nutzer anonym bleiben und keine Suchanfragen gespeichert werden.
Gefahr Facebook-Account
Als eine weitere Sicherheitsfalle nennt Koidl das Handy, das auf jeden Fall mit einem Code geschützt werden sollte.
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Sollten Sie zu denen gehören, die sinnigerweise ihre PIN, TAN für das Onlinebanking, Passwörter und Zugangscodes ungeschützt in den "Notizen" ablegen, suchen Sie einen Arzt auf. Danach empfehle ich Ihnen die Installation eines Programms, dessen Name Programm ist: "i Mobile Sitter".
Die von Koidl empfohlene Applikation "imobilesitter" ist eine kostenpflichtige App des Fraunhofer-Institutes für das iPhone und verspricht ein sicherer Passwortmanager zu sein.
Bei den Sicherheitstipps im Netz von Roman Koidl darf natürlich auch Facebook nicht fehlen. Koidl rät zu einer radikalen Maßnahme und schreibt: Löschen Sie Ihr Facebook-Profil oder verschlüsseln Sie es wenigstens nach den gegebenen Möglichkeiten. Darunter versteht Koidl zum Beispiel das eigene Facebook-Profil nur für Freunde sichtbar zu machen.
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Neben jedem Eintrag taucht ein kleiner Globus mit dem Hinweis "Öffentlich" auf. Das bedeutet, die Information ist für jeden sichtbar. Ändern Sie Ihre Einstellungen wenigstens zur Sicherheit auf "Freunde". Zusätzlich sollten Sie Ihre Freundesliste unter "Freunde" und dann "Privatsphäre bearbeiten", über den Button "Nur ich" für andere unsichtbar schalten, sodass nicht jeder sehen kann, mit wem Sie verbunden sind. In diesem Fall können nur Ihre Freunde ausschließlich gemeinsame Kontakte sehen, die gesamte Liste ist auch für sie nicht mehr sichtbar.
Der Autor rät auch dazu, immer wieder die Privatsphäre-Einstellungen des eigenen Facebook-Accounts zu überprüfen, denn das Prinzip von Facebook sei es, möglichst viele Informationen öffentlich abrufbar zu machen.
Durchschnittlich 100 Unternehmen, die sich für unsere privaten Daten interessieren, folgen jedem von uns im Netz, schreibt Koidl am Schluss seines Buches. Er appelliert aber an den Leser, nicht zu resignieren und den Überwachungsstaat zu akzeptieren, sondern sich im Netz zu schützen und wachsam zu bleiben.
Service
Roman Maria Koidl, "Web Attack. Der Staat als Stalker", Goldmann Verlag