Atempause in der Ukraine

Die Ukraine hat gestern eine weitgehend ruhige Nacht erlebt. Mit dazu beigetragen hat auch die Kälte von minus 20 Grad. Die Demonstranten haben 15 Tage Zeit, die besetzten Gebäude zu räumen, damit die beschlossene Amnestie in Kraft tritt. Oppositionsführer Vitali Klitschko appelliert gegenüber dem ORF an die EU, den Regierungsgegnern beizustehen.

Morgenjournal, 31.1.2014

"Wir brauchen Unterstützung"

In Kiew haben in den vergangenen Tagen die Verhandlungen zwischen Präsident, Regierung und den drei Oppositionsparteien keinen Durchbruch gebracht. Jetzt ist Viktor Janukowitsch offiziell auch noch mit Fieber und Atembeschwerden im Krankenhaus, sodass offiziell nicht mit ihm verhandelt werden kann. Diese Chance wird wohl hinter den Kulissen genützt werden, und dazu dient auch die Sicherheitskonferenz in München. An ihr werden Vertreter der ukrainischen Regierung sowie zwei der drei Oppositionsführer, Vitali Klitschko und Arseni Jazenjuk, teilnehmen. Geplant ist dabei ein Treffen mit US-Außenminister John Kerry und natürlich auch mit anderen hochrangigen Teilnehmern der Tagung.

Was sich Vitali Klitschko von der Europäischen Union erwartet, schildert er im Interview mit dem ORF so: "Unterstützung, wir brauchen auf jeden Fall Unterstützung, weil alle europäischen Länder sehen die Ukraine als starkes Land, wirtschaftlich und politisch; als stabiles Land, wirtschaftlich und politisch. Und unsere Aufgabe ist es, Stabilität zu bringen."

Sieg der Opposition noch weit weg

Stabilität wird aber nur einkehren, wenn die Opposition geschlossen bleibt. Zur Tagung in München sind jedenfalls nur zwei Oppositionsführer eingeladen. Der dritte, Oleg Tjahnibok, vertritt einen ausgeprägten ukrainischen Nationalismus, hat in der Westukraine aber starken Rückhalt. Erschwerend kommt in der Ukraine noch die Kluft hinzu, die zur Protestbewegung besteht, die die Parteien nun nutzen, selbst aber nicht ausgelöst haben. Das was diese Parteien und Gruppen eint, beschreibt Klitschko so: "Jeder Ukrainer sieht die Ukraine als europäisches Land. Unsere Wunsch: die Gesetze ändern. Die Leute haben die Schnauze voll. Auf gut Deutsch kann man so sagen: Leben ohne Zukunft, es gibt keine Sicherheit, es gibt keine Zukunft. Jeder kommt und protestiert, der weiß, er kann schon gefangen sein."

Fraglich ist, ob Unmut ausreicht, um stark genug gegenüber Präsident Janukowitsch auftreten zu können. Zwar ist seine Herrschaft durch die Massenproteste zweifellos geschwächt. Daher war der Präsident zu größeren Zugeständnissen bereit, ein Sieg der Opposition ist aber wohl noch weit entfernt. Ihr Ziel ist vor allem die Verfassungsreform, um die Macht des Präsidenten zu beschränken. Bis dahin, und bis zur Bildung einer neuen Regierung wird die Lage in der Ukraine somit weiter instabil bleiben.