Zweifel an Chinas Wirtschaftswunderdaten

In China reißen die ökonomischen Wunderdaten nicht ab. Soeben wurden die neuesten Exportzahlen veröffentlicht. Demnach sind die Ausfuhren im Jänner im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 10 Prozent gestiegen. Das Problem daran: viele Experten bezweifeln, dass diese Zahlen wirklich korrekt sind.

Man vermutet, dass die Zahlen nicht eher verschleiern, dass viele Firmen in Wahrheit Geld ins Land schleusen, um sich zu finanzieren. Doch sind es längst nicht nur Exportdaten, sondern ebenso die Angaben zur Verschuldung chinesischer Unternehmen oder die offizielle Statistik zum Wirtschaftswachstum, die es zu hinterfragen gilt,

Mittagsjournal, 15.2.2014

Aus Peking,

Statistiken geschönt

Irgendetwas kann hier nicht stimmen. Chinas Manager signalisieren im Jänner in Umfragen, dass die Nachfrage im In- und Ausland deutlich nachlasse. Pessimismus macht sich breit. Weil das chinesische Neujahrsfest dieses Jahr früher als im Vorjahr stattfindet, gab es im Jänner außerdem weniger Arbeitstage, die Produktion in vielen Firmen stand länger still. Und trotzdem: die Exporte steigen im Vergleich zum Jänner des Vorjahres. Sie explodieren förmlich, legen um 10.6 Peozent zu, was viele Analysten ratlos zurücklässt: „Wir waren alle ziemlich überrascht. Denn der Konsens war, dass die Exporte eher schwächeln und wir es mit einem Nullwachstum oder knapp darüber zu tun haben“ erzählt der Pekinger Ökonom Long Chen im ORF-Interview.

Vieles spricht dafür, dass die Handelsstatistik aufgebläht wurde. Dass die beeindruckenden Zahlen in Wahrheit durch vorgetäuschte Handelsgeschäfte und falsche Rechnungen zustande gekommen sind, um die strikten Kapitalkontrollen zu umgehen und so Geld von Schwesterfirmen und Niederlassungen im Ausland nach China zurück zu schleusen.

Man müsse bei Unternehmenszahlen in China extrem vorsichtig sein und alles kritisch hinterfragen erzählt der Mitarbeiter einer westlichen Finanzfirma, der anonym bleibt. Oft, so hört man es immer wieder, gebe es bei chinesischen Firmen drei Bilanzen: eine für die Steuer, eine für potentielle Investoren und schließlich eine für den internen Gebrauch, die dann die Realität widerspiegle.

Langsames Umdenken

Ratingagenturen haben bereits mehrmals die Aussagekraft der in China veröffentlichten Wirtschaftsdaten angezweifelt. Die Behörden wollen reagieren. Das nationale Statistikbüro hat jetzt harte Strafen gegen all jene angekündigt, die Daten frisieren. Und das dürften in China ziemlich viele sein.

In der südchinesischen Provinz Yunnan haben erst jüngst Dutzende Großfirmen ihre Produktionszahlen massiv gefälscht. Angehalten wurden sie dazu von lokalen Parteikadern, die damit offiziell ein hohes Wachstum vermelden konnten. Und dafür wurde man in China - bisher zumindest - von den obersten Stellen belohnt. Zweifel sind angebracht, dass die Wachstumsraten tatsächlich so gewaltig sind wie immer behauptet: „Die Kritik wächst: viele meinen, dass das Wirtschaftswachstum in Wirklichkeit deutlich niedriger ist. Ein Grund dafür ist, dass die Inflation in Wahrheit höher sein könnte als es offiziell heißt“ sagt Ökonom Chen.

Dazu kommt, dass der Wert riesiger Immobilien- und Infrastrukturprojekte sich in Wahrheit nicht klar beziffern lässt und die gravierenden Umweltkosten des Turbowachstums in den Statistiken nicht berücksichtigt werden.

Allerdings wird langsam umgedacht. Chinas Premierminister hat mehrmals angedeutet, dass die Zeit des Wachstums um jeden Preis zu Ende gehe. Man will die lockere Kreditvergabe und damit die Schuldenspirale zügeln und die Binnennachfrage ankurbeln. Dann wäre vielleicht auch der Druck Daten zu frisieren ein deutlich geringerer.