Krim-Konflikt: Ukraine sucht Ausweg

Ungeachtet der Sanktionen von EU und USA hat der russische Präsident Putin die ukrainische Halbinsel Krim als "unabhängigen, souveränen Staat" anerkannt. Heute will Putin im Kreml eine Erklärung zum möglichen Beitritt der Halbinsel zu Russland abgeben. In Kiew wird das Referendum auf der Krim offiziell nicht anerkannt, aber man sucht einen pragmatischen Weg, damit die Fliehkraft vor allem im Osten der Ukraine nicht anwächst.

Ukrainischer Soldat an Kontrollposten

(c) APA/EPA/IVAN BOBERSKYY

Morgenjournal, 18.3.2014

Aus Kiew berichtet

"Deeskalation am wichtigsten"

Es hat etwas gedauert, bis der ukrainische Interimspräsident Oleksandr Turchynov vor seine Landsleute getreten ist. Am Abend war es dann soweit: "Wir werden nicht an der Sicherheit sparen, wir werden alles versuchen, um eine diplomatische Lösung in der Krimkrise zu finden, aber die militärische Bedrohung durch Russland existiert – ich habe daher in einem Erlass die Teilmobilisierung der ukrainischen Streitkräfte erlassen", so Turchynov. 20.000 ukrainische Soldaten sollen gleich an die Grenze im Osten, 20.000 sollen über die neugegründete Nationalgarde eingesetzt werden, lautet der Plan. So martialisch das klingen mag – die politische Führung in Kiew setzt trotzdem auf einen diplomatischen Ausweg, auch wenn nicht klar ist, wie der aussehen soll.

"Das wichtigste ist, dass auf der Krim eine Deeskalation herbeigeführt wird", sagt Andrej Shevchenko, Abgeordneter der Regierungspartei Vaterland. Die russischen Truppen müssten sich auf ihre Stützpunkte zurückziehen. Die ukrainischen Soldaten sollten auf der Krim bleiben, aber in den Kasernen wie bisher, so Shevchenko. Einem Abzug der ukrainischen Soldaten von der Krim, wie schon öfter angesprochen, erteilt Shevchenko eine Absage: Das würde einer Anerkennung des Krim-Referendums gleichkommen. "Die Krim ist unser" – das ist das Motto, das hier lautstark vertreten wird. Dass man da von den Ereignissen schon längst überrollt sein könnte, will niemand eingestehen. Man hat nun zwar den ukrainischen Botschafter aus Moskau zu Konsultationen zurückberufen. Gleichzeitig will hier niemand an den wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland rütteln, wie Vizepremier Jarema bekräftigt.

Sorge um Ost-Ukraine

Im Osten der Ukraine beobachtet man genau, was in Kiew und in Moskau passiert. Prorussische Demonstrationen mit teilweise gewalttätigen Ausschreitungen haben das Klima hier aufgeheizt. Dass im Osten sich das Beispiel Krim wiederholen könnte, also eine Invasion russischer Truppen, hält aber der neue Gouverneur von Donezk Sergej Taruta für höchst unwahrscheinlich: "Ich glaube nicht an dieses Szenario, ich glaube an die Vernunft. Das hier ist nicht die Krim, im Donbass verstehen 97 Prozent, dass jegliche Auseinandersetzung hier unabsehbare Folgen haben kann, einen lange schwelenden Konflikt heraufbeschwört. Und das versteht glaube ich auch Russland. Was sich derzeit tut, ist einfach ein psychologisches Spiel."

Taruta verweist aber darauf, dass die Menschen in den Regionen gehört werden müssten. Eine Verfassungsänderung in Richtung Föderation, die mehr Rechte und mehr Selbstständigkeit den Regionen einräumt, sei notwendig. Das würde das Sprachen- und Minderheitenproblem entschärfen. Zufall oder nicht: Eine solche Verfassungsänderung würde auch Präsident Putin behagen. Die Ukraine als Föderation wäre ganz im Sinne des Kremls.