Nordirland: Adams-Festnahme gefährdet Frieden

Gerry Adams, früher Spitzenmann der Terrorgruppe IRA, jetzt Parteichef der Sinn Fein und Abgeordneter im irischen Parlament, ist gestern verhaftet worden. Adams wird beschuldigt, im Jahr 1972 den IRA-Mord an einer Frau in Auftrag gegeben zu haben. Er bestreitet den Vorwurf. Der fragile Friedensprozess in Nordirland scheint gefährdet.

Morgenjournal, 2.5.2014

Nach Aussage inhaftiert

Die Polizei bestätigte, dass ein 65-jähriger Mann in der Grafschaft Antrim am Mittwoch freiwillig zum Gespräch erschienen und festgenommen worden sei. Adams hatte der nordirischen Polizei nach Angaben von Sinn Fein bereits vor einem Monat mitgeteilt, dass er bereit sei, in dem landesweit bekannten Fall auszusagen. Die Ermordung der Witwe bezeichnete Adams als "falsch" und "schwerwiegende Ungerechtigkeit". Allerdings sei er selbst "in jeder Hinsicht unschuldig, was die Entführung, Ermordung oder Bestattung von Frau McConville angeht". Er habe sich zwar nie von der IRA losgesagt und werde das nie tun, aber mit der Entführung und Tötung der Frau habe er nichts zu tun.

Jean McConville war aus ihrer Wohnung im Westen von Belfast entführt und von republikanischen Paramilitärs per Kopfschuss hingerichtet worden. Diese hatten sie fälschlicherweise der Weitergabe von Informationen an britische Stellen bezichtigt. Erst 1999 bekannte sich die IRA zu dem Mord, vier Jahre später wurden McConvilles sterbliche Überreste am Strand in County Louth gefunden. Frühere IRA-Mitglieder hatten Adams in dem Fall belastet.

Heikler Zeitpunkt

Die Sinn-Fein-Führung sprach von einer "politisch motivierten" Festnahme drei Wochen vor den Kommunalwahlen und der zeitgleich stattfindenden Europawahl. Die Partei ist der politische Arm der nordirischen Untergrundorganisation Irisch-Republikanische Armee (IRA), die drei Jahrzehnte lang gewaltsam für den Anschluss Nordirlands an die mehrheitlich katholische Republik Irland kämpfte, bevor sie 2005 offiziell der Gewalt abschwor. Seit 1983 steht Adams an der Spitze von Sinn Fein, die bis heute gegen die britische Kontrolle Nordirlands opponiert.

Maßgebnlich für Friedensprozess

Adams hatte sich in der 60er-Jahren der IRA angeschlossen. Später wandte er sich der Politik zu und zog 1983 für den katholischen Wahlkreis West-Belfast ins britische Unterhaus ein. Zehn Jahre später bereitete er gemeinsam mit dem nordirischen Sozialdemokraten John Hume den 1994 deklarierten IRA-Waffenstillstand vor. Adams war einer der maßgeblich Verantwortlichen für das Karfreitags-Friedensabkommen von 1998, mit dem Jahrzehnte der Gewalt zwischen pro-irischen und pro-britischen Kräfte in Nordirland beendet wurden. (Text: APA, Red.)