Vranitzky und Ederer vermissen "EU-Feuer"

Kritik am EU-Wahlkampf und an der Haltung der nationalen Politik zur Europäischen Union kommt jetzt von zwei Persönlichkeiten aus der SPÖ, die beim EU-Beitritt vor 20 Jahren wichtige Rollen gespielt haben: Ex-Bundeskanzler Franz Vranitzky und Ex-Staatssekretärin Brigitte Ederer: Statt die EU zu bewerben, werde sie als Sündenbock missbraucht.

Altbundeskanzler Franz Vranitzky

(c) Jäger, APA

Mittagsjournal, 6.5.2014

"Wähler werden im Stich gelassen"

Es fehle das Feuer für Europa, sagt der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky. Und das scheine ein gesamteuropäisches Phänomen zu sein. Viele Staaten und deren Regierungschefs hätten mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen, dabei böte die EU oft die Chance für gemeinsame Lösungen. Aber es gebe keine sichtbare Europa-Politik, so Vranitzky. Die Wähler würden, ohne Information als Entscheidungsgrundlage, im Stich gelassen.

Missbrauch für Innenpolitik

Auch Brigitte Ederer, ehemalige EU-Staatssekretärin sagt, es mangelt derzeit an politischem Engagement. Vor dem EU-Beitritt und der Abstimmung habe die Aufklärung noch gut funktioniert, seither fehle das. "Es findet ja kaum eine Erklärung statt. Wenn etwas nicht passt, dann schiebt kann es auf die Europäische Union. Und wenn es positiv ist, dann sagt man, man hat es bei der EU durchgesetzt." Genau diese Argumentation sei auch der politische Hauptschaden, sagt Franz Vranitzky: "Diese Arbeitsteilung führt in die Negativschlagzeilen."

Der EU-Wahlkampf werde eher als innenpolitische Abstimmung missbraucht, das sei aber der falsche Weg, um in der EU wirklich präsent zu sein, sagt Brigitte Ederer: "Man hat in Österreich noch nicht wirklich realisiert, dass die EU eine neue Ebene ist, wo geregelt wird, wo Kompetenz liegt, und wo man gestalten kann."

"Große Denker fehlen"

Doch Franz Vranitzky hat auch "ein Stück Hoffnung". Die lange Zeit unsichtbare EU-Politik in Österreich werde zunehmend wahrnehmbarer, die "Anlehnung an den Boulevard nicht mehr so spürbar wie es einmal war".

Beide sagen, bei aller Kritik an der EU gebe es auch wichtige gemeinsame politische Initiativen, Regelungen und Gesetze, und das müsste auch vermittelt werden. Doch das geschehe nicht oder zu wenig, sagen Vranitzky und Ederer mit einer gewissen Wehmut. "Ich als einzelner kann's auch nicht ändern." - "Mir tut's weh, wie die Zustimmung geringer geworden ist, und dass man eigentlich nicht erkennt, welche Chancen und Möglichkeiten dieses Europa bieten würde."

Dazu komme noch, so Franz Vranitzky, es fehlen die großen europäischen Geister, Denker und Lenker: "Kohl, Mitterand, Gonzales, Karlsson und so weiter - es tut mir leid zu sagen: Solche gibt's heute nicht."

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