Nachhilfe: Wiener Lerntafel droht das Aus

Für Nachhilfe geben Österreichs Eltern laut Arbeiterkammer jährlich 109 Millionen Euro aus. Aber nicht alle Eltern können ihren Kindern helfen. Deshalb ist auf Privatinitiative vor drei Jahren die "Wiener Lerntafel" gegründet worden. Doch die steht jetzt wegen ausbleibender Spenden vor dem Aus.

Mittagsjournal, 27.5.2014

Nur mehr Monate

Die 12jährige Gamze bekommt seit einem Jahr bei der Wiener Lerntafel gratis Nachhilfe, ihre Noten haben sich deutlich verbessert. Sollte die Lerntafel tatsächlich mit Ende Juni schließen müssen, dann wäre Gamze schulisch wieder auf sich alleine gestellt, ihre Eltern sprechen kaum deutsch, Geld für Nachhilfe ist nicht vorhanden und ihren Traum in eine weiterführende Schule zu gehen müsste sie vielleicht aufgeben. Gamze ist eine von 300 Schülerinnen und Schülern, die von der Wiener Lerntafel betreut werden. Noch, denn im schlimmsten Fall, wenn keine Sponsoren zu finden sind, muss das Lernzentrum mit seinen 150 ehrenamtlichen Lernhelfern schließen, sagt Obmann Stefan Unterberger. Man sei auf Spenden angewiesen, und der habe sich in den letzten Monaten drastisch verändert, so Unterberger. "Nun haben wir gerade noch so viel Geld, dass wir bis maximal Ende Juni oder Juli leben können."

Ablöse durch Förderunterricht?

Rund 200.000 Euro braucht die Wiener Lerntafel pro Jahr, um die Kinder aus nachweislich sozial schwachen Familien zu betreuen, die Miete für das Lernzentrum in Wien Simmering und das Gehalt von fünf Teilzeitangestellten zu bezahlen. Auf Unterstützung von öffentlicher Hand zum Erhalt des Projekts kann die Lerntafel vermutlich nicht hoffen, da die Stadt Wien, allen voran Bürgermeister Michael Häupl, angekündigt hat, ab Herbst selbst ein gratis Nachhilfeprojekt ins Leben zu rufen. 20 Millionen Euro wird es dafür pro Jahr geben. Der Förderunterricht der Stadt Wien soll an 210 Volkschulen starten, zwei Stunden Förderunterricht pro lernschwachem Kind und Woche sind angedacht, heißt es. Unterberger meint aber, dass das die geschätzten 20.000 lernschwachen Kinder in Wien nicht erreichen werde. "Daher wäre das Zusammenführen aller Aktivitäten die vordringlichste Angelegenheit." Und so hofft Unterberger, dass sich Sponsoren finden werden, um das seit drei Jahren erfolgreich laufende Projekt überleben zu lassen.