Putin in Wien: So sehen es russische Medien

Der gestrige Besuch des russischen Präsidenten Putin in Wien war natürlich auch in den russischen Medien ein großes Thema - schließlich war er nach Putins Teilnahme an den D-Day-Feiern in der Normandie erst Putins zweite Reise in den Westen, seit Sanktionen gegen Russland verhängt wurden.

Mittagsjournal, 25.6.2014

"Prunkvoller Empfang"

In den Abendnachrichten des russischen ersten Fernsehkanals widmet der große staatliche Sender nicht weniger als 15 Minuten dem Besuch Putins in Wien. "Die Österreicher haben vor dem Hintergrund des Aufrufs der USA und mehrerer europäischer Staatsoberhäupter, den finanziellen Druck auf Moskau zu verstärken, für den russischen Präsidenten einen prunkvollen Empfang ausgerichtet", berichtet der Korrespondent des Senders, und weiter: "Österreich tritt für den Dialog ein und misst dem Besuch große Bedeutung zu". Dann wird Bundespräsident Heinz Fischer zitiert, mit den Worten, er sei überzeugt, dass Sanktionen niemandem nützen. Den Großteil seiner Berichterstattung widmet der erste Kanal aber jenem Ereignis, das die russischen Medien übereinstimmend als den wichtigsten Teil des Besuches werten: dem Vertrag zwischen den Energiekonzernen Gazprom und der OMV über den Bau des österreichischen Teils jener Gasleitung, die die Ukraine im Süden umgehen soll – der geplanten Pipeline "South Stream".

Im anderen großen staatlichen Fernsehsender, Rossija odin, fällt die Hauptnachrichtensendung gestern Abend wegen der Fußball-WM zwar aus, auf der Internetseite des Senders wird die Essenz des Putin-Besuchs aber mit wenigen Worten zusammengefasst: "Österreich für South-Stream und gegen Sanktionen", so die Schlagzeile. Dass Österreich den Vertrag über die Pipeline "South-Stream" zu einem Zeitpunkt unterzeichnet, an dem die Europäische Kommission alle Verhandlungen mit Russland über die Pipeline auf Eis gelegt hat, und kurz nachdem die Kommission erst Bulgarien davon überzeugt hat, den Bau der Gasleitung vorerst einzustellen, wertet die russische Presse als große Unterstützung Österreich für Russland im seinem Streit mit der EU-Kommission.

"Neue Lobbyisten" gefunden

Auch die Zeitungen haben das Thema Gas aufgegriffen: "Gazprom zermürbt den Widerstand der EU", titelt die englischsprachige Zeitung "Moskau Times". Die "Nesawisismaja Gaseta" schreibt, Russland habe mit Österreich einen "neuen Lobbyisten" gefunden - es sei nicht auszuschließen, dass die Position Österreichs im Streit zwischen der EU-Kommission und Gazprom den Ausschlag geben wird. Und das Boulevardblatt "Moskowski Komsomolets" zitiert Experten mit den Worten, dass es nach dem Besuch Putins in Österreich nun wahrscheinlicher sei, dass die EU-Kommission ihren Widerstand gegen "South Stream" aufgibt.

"Moskowski Komsomolets" meint, Putin habe Österreich als Platz für den Dialog mit dem Westen genützt, und geht dann näher darauf ein, was Österreich von anderen europäischen Ländern unterscheidet: Auch wenn der österreichische Präsident Heinz Fischer den Anschluss der Krim offiziell verurteilt habe, so sei Österreich gegenüber Russland doch eher neutral eingestellt, so das Moskauer Boulevardblatt. Das, wiederum, so die Zeitung weiter, erkläre sich aus Österreichs wirtschaftlichen Interessen.