Vor EU-Gipfel: Merkel gibt den Ton an

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hat heute in einer Rede vor dem Bundestag in Berlin ihre Sicht zum morgen beginnenden EU-Gipfel in Brüssel dargestellt. Sie will Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsidenten und eine vertiefte wirtschaftspolitische Zusammenarbeit aller Euroländer. Erstmals soll es eine Art gemeinsamen Fahrplan auch mit der EU-Kommission geben.

Mittagsjournal, 25.6.2014

Aus Berlin

"Bundesregierung tritt für Juncker ein"

Man hat der deutschen Kanzlerin lange vorgeworfen, sie habe Jean Claude Juncker nur halbherzig unterstützt. Vor den Abgeordneten des deutschen Bundestages lässt Angela Merkel heute keinen Zweifel, für wen sich Deutschland ins Zeug legen wird: "Die Bundesregierung tritt für Jean-Claude Juncker im Amt des nächsten Präsidenten der Europäischen Kommission ein", sagt die Kanzlerin.

Der britische Premier David Cameron ist ein entschiedener Gegner Junckers und will es auf eine Abstimmung unter den Staats- und Regierungschefs ankommen lassen. Eine Kampfabstimmung statt Konsens, das ist neu in der europäischen Gipfelgeschichte. Die deutsche Kanzlerin hat sich hörbar damit abgefunden. Sie wolle noch einmal darauf hinweisen, sagt Merkel heute, dass alles genau in den Verträgen niedergelegt sei: "Es ist also kein Drama, wenn wir auch nur mit qualifizierter Mehrheit abstimmen würden." Alle Konsultationen würden allerdings in einem "europäischen Geist" erfolgen, die Anliegen aller Mitgliedsstaaten würden ernst genommen.

"Vielzahl von Flexibilitätsinstrumenten"

Dieser europäische Geist soll die Briten besänftigen und das Schreckgespenst von einem britischen EU-Austritt vertreiben. Von deutschen EU-Diplomaten ist allerdings zu hören, dass Merkel langsam die Geduld mit Cameron ausgehe. Es heißt, die Briten dürften sich keine allzu großen Personal-Geschenke erwarten.
Frankreich und Italien drängen darauf, den EU-Stabilitätspakt mit seinen Obergrenzen für Staatsverschuldung und Defizite aufzuweichen. Beide hoch verschuldeten Länder fordern mehr Zeit für das Erreichen der vorgeschriebenen Defizitziele. Das hat auch in Deutschland Streit innerhalb der großen Koalition ausgelöst. Merkel sagt heute: die vorhanden Regeln reichten aus um alles zu tun, um die hohe Arbeitslosigkeit in Europa zu bekämpfen. Es fällt aber auf, dass auch sie heute viel von Flexibilität spricht: "Der Stabilitäts- und Wachstumspakt bietet dafür hervorragende Voraussetzungen: mit klaren Leitplanken und Grenzen einerseits, und einer Vielzahl von Flexibilitätsinstrumenten andererseits". Beides müsse man nutzen, so Merkel.

Weitere Sanktionen gegen Russland möglich

Die deutsche Kanzlerin drängt auf eine noch stärke Abstimmung der Wirtschaftspolitiken in den Euro-Ländern. Auf der Gipfeltagesordnung stehen außerdem die Asyl- und Migrationspolitik der EU und die Außenbeziehungen, an vorderster Stelle die Lage in der Ukraine. Dabei sind auch weitere Sanktionen gegen Russland im Bereich des Möglichen hat die deutsche Kanzlerin heute betont.