Kroatien ein Jahr EU-Mitglied

Vor einem Jahr ist Kroatien der EU beigetreten. An der wirtschaftlichen und sozialen Krise konnte auch die Mitgliedschaft nichts ändern. Seit sechs Jahren schrumpft die Wirtschaft in Kroatien, und die Jugendarbeitslosigkeit zählt nach Griechenland und Spanien zu den höchsten in der EU. Kleine Silberstreifen am Horizont gibt es aber doch.

Mittagsjournal, 2.7.2014

Aus Zagreb,

Export macht Hoffnung

Mit einem Feuerwerk wurde vor einem Jahr an der kroatisch-slowenischen Grenze der EU-Beitritt gefeiert. Tatsächlich wird nun nur mehr an einer Grenzstation kontrolliert und das beschleunigt die Abfertigung. Ein Jahr später zeigt sich, dass der EU-Beitritt den Kroaten nur wenige spürbare Änderungen gebracht hat. Billiger wurden Lebensmittel, Kleidung und Schuhe sowie das Telefonieren mit dem Mobiltelefon. Teurer wurden Tabakwaren und Alkohol. Die Vorteile des EU-Binnenmarkts könne die kroatische Wirtschaft bisher aber nur eingeschränkt nutzen, sagt in Agram der Chefvolkswirt der Splitska Banka, Zdeslav Santic: "Erstens sind die heimischen Produzenten nicht ausreichend konkurrenzfähig. Hinzu kommt, dass viele Betriebe nicht ausreichende Mengen für einen derart großen Markt erzeugen können. Hoffnung macht allerdings die Tatsache, dass es zu Jahresbeginn doch zu einem dynamischen Wachstum der Exporte vor allem in die EU um elf Prozent kam. Das zeigt, dass der gesunde Teil des privaten Sektors von diesem einheitlichen Markt zu profitieren beginnt."

Umbau der Wirtschaft

Andererseits musste Kroatien mit dem Beitritt die Freihandelszone CEFTA, verlassen, der seine wichtigen Handelspartner Bosnien und Herzegowina und Serbien angehören. Daher verlagerten Betriebe ihre Produktion in diese Länder, andere mussten sich dem Rationalisierungsdruck durch höhere Zollschranken stellen. Dazu sagt Zdeslav Santic: "Im Gegensatz zu Kroatien traten im Jahre 2004 alle Länder, die damals in der CEFTA waren, gleichzeitig der EU bei, so dass die Wirtschaftsbeziehungen dadurch nicht unterbrochen wurden. Doch heuer verzeichnen wir auch ein kleines Wachstum auf den CEFTA-Märkte von mehr als zwei Prozent. So manchen heimischen Betrieben ist es eben gelungen, ihre Effizienz zu steigern und dadurch auf diesen Märkten konkurrenzfähig zu bleiben."

Kaum Reformen

Trotzdem wird die Wirtschaft auch heuer schrumpfen. Die Arbeitslosigkeit ist mit mehr als 19 Prozent unverändert hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar bei 50 Prozent. Ein Grund dafür liegt im Bildungssystem; Zdeslav Santic: "Internationale Vergleichstests haben gezeigt, dass unsere Jungen hinter ihren Altersgenossen in EU-Ländern zurückbleiben und nur ein unterdurchschnittliches Wissen haben. Das hat auch mit den recht bescheidenen Investitionen in die Bildung zu tun, wobei der Staat auch in den kommenden Jahren kaum mehr Geld für die Verbesserung der Qualität haben wird."

Ernsthafte Reformen hat die sozialdemokratische Regierung auch nach drei Jahren nicht zustande gebracht. Nächstes Jahr wird gewählt, Reformen sind daher kaum zu erwarten. Trotzdem muss die Regierung sparen, weil die EU wegen der enormen Staatsverschuldung bereits kurz nach dem Beitritt ein Defizitverfahren gegen Kroatien eingeleitet hat.

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