Gernot Erler "Im Journal zu Gast"

Russlandexperte: Verhandlungen statt Gewalt

Scharfe Töne gibt es aus Moskau gegen die USA während die EU weitere russische Prominente auf die schwarze Liste setzt und Wirtschaftssanktionen immer näher rücken. Die ersten Sanktionen seien schon spürbar, sagt Deutschlands Russland-Beauftragter Gernot Erler im Ö1-Gespräch. Und er ist der Ansicht, dass der Absturz der malaysischen Maschine, dem Ukraine-Konflikt eine neue Wende geben könnte - in Richtung Verhandlungen statt neuer Eskalation.

Gernot Erler

(c) spdfraktion.de (Susie Knoll / Florian Jänicke)

Mittagsjournal, 26.7.2014

Internationaler Druck groß

Der Ukraine-Konflikt ist längst schon internationalisiert. Es herrscht nach dem Absturz der malaysischen Boeing eine neue Betroffenheit der Weltgemeinschaft über die Ereignisse in der Ostukraine. Der deutsche Russland- und Ukraine-Experte Gernot Erler meint, dass dieser Druck nun dazu führen könnte, dass man die Waffen ruhen lässt und sich in diesem Bürgerkrieg an den Verhandlungstisch setzt. Die prorussischen Separatisten bezeichnet Erler als selbsternannte Gouverneure oder Sprecher in Donezk und Luhansk. Allerdings sind mittlerweile auch ganz andere Gruppen unterwegs. Deshalb sei es nicht wahrscheinlich, dass es eine direkte Kontrolle aus Moskau gibt. Sobald es aber eine russische Entschlossenheit gibt, einzugreifen, dann funktioniere das sehr wohl, meint Erler.

Zu den etappenweise Sanktionen der EU gegen Russland verweist Erler auf eine Beschluss der EU schon im März über dieses bewusste Vorgehen. Auf jeder dieser Stufen sei ein Exit-Charakter möglich, um auf ein Einlenken Moskaus reagieren zu können. Im Augenblick sei die Forderung an die russische Seite, die militärische Unterstützung über die russisch-ukrainische Grenze zu stoppen und die Separatisten dazu zu bringen, die Absturzstelle international untersuchen zu lassen. Gleichzeitig lautet die Forderung, die Kontaktgruppen-Gespräche wieder aufzunehmen.

Wirtschaftssanktionen wirken

Generell sieht Erler bereits erste Signale, dass die Sanktionen zu wirken beginnen. Man werde in Moskau schon gewahr, dass schon erhebliche Probleme für die russische Volkswirtschaft entstanden sind.

Allein in den ersten drei Monaten 2014 gab es eine 8-prozentige Rubel-Abwertung, die Kapitalflucht betrug 60 Milliarden Euro, das ist fast soviel im gesamten Jahr 2013, ein faktischer Stopp von ausländischen Direktinvestitionen und eine Herabstufung durch die Rating-Agenturen. Auf die ersten beiden Sanktionsstufen hat Russland nicht reagiert. Jetzt vor einer dritten Sanktionsstufe muss man aber laut Erler sehr vorsichtig sein, dass das ganze Wirtschaftsgefüge nicht zusammenbricht, zu sehr gibt es noch enge Beziehungen und Verflechtungen nicht nur zu Deutschland sondern zur ganzen EU - siehe Waffenindustrie und Energieversorgung.