Stimmung in Ferguson immer explosiver

In der US-Kleinstadt Ferguson gehen die Ausschreitungen nach dem Tod des Jugendlichen Mike Brown unvermindert weiter. Mittlerweile gibt es einen zweiten Toten: Unweit von Ferguson wurde ein 23 Jahre alter, ebenfalls schwarzer Mann erschossen. Er soll die Polizei mit einem Messer bedroht haben. Die Lage in Ferguson wird also immer explosiver.

Morgenjournal, 20.8.2014

Reportage aus Ferguson von Andrea Gleitsmann

"Polizei behandelt uns wie Tiere"

"Gerechtigkeit für Mike Brown" schreien die hunderten Demonstranten, die sich auch gestern Abend wieder in Ferguson versammelt haben – "Gerechtigkeit, sonst gibt es keinen Frieden". Aber von Frieden ist schon jetzt keine Spur. Denn seit der Jugendliche vor zehn Tagen von einem weißen Polizisten erschossen worden ist, lassen die Bewohner der Stadt ihrem Zorn freien Lauf: "Seit Mike Brown tot ist, steht diese Stadt in Flammen", sagt ein Demonstrant. "Wir werden nicht akzeptieren, dass wieder ein junger schwarzer Mann kaltblütig getötet wird."

Denn Mike Brown ist nicht der erste junge Afroamerikaner, der hier zum Opfer ausufernder Polizeigewalt geworden ist – einer Polizei, die in Ferguson noch dazu überwiegend weiß ist. Hier hat jeder seine Erfahrungen gemacht: "Das ist Jeremy Robinson", sagt ein junger Mann, und zeigt auf das Foto eines Buben. "Er war 14, als von der Polizei getötet wurde. Das war vor fünf Jahren, der Fall ist nie aufgeklärt worden."

"Mein Bruder ist vor einigen Tagen verhaftet worden", erzählt die 16-jährige Suzie. "Sie haben ihm Handschellen angelegt, weil er verdächtig ausgesehen hat. Die Polizei behandelt uns wie Tiere - Du kannst da nicht gehen, geh von dort weg, geh weiter – so geht es die ganze Zeit."

"Das ist keine Gerechtigkeit"

Als schwarzer Mann sei man automatisch verdächtig, sagt Erman Throtter Jr,, der Pastor einer kleinen Kirche in Ferguson: "Afroamerikaner werden ständig attackiert, werden angehalten, untersucht, verhaftet, nicht nur hier, überall in den USA, Mike Brown würde noch leben, wäre er weiß gewesen. Das ist keine Gerechtigkeit, das ist ein Verbrechen."

Ein Verbrechen, das die Polizei mit aller Kraft vertuschen will, glaubt die 53jährige Geraldine. Sie versuche sogar, dem Jugendlichen selbst die Schuld am eigenen Tod in die Schuhe zu schieben: "Sie haben ein Video veröffentlicht, das angeblich beweist, dass Mike Brown Zigaretten gestohlen hat. Und er soll Marihuana im Blut gehabt haben. Das ist niederträchtig, seinen Namen derart in den Schmutz zu ziehen."

Ferguson, Missouri – eine Kleinstadt mit 21.000 Einwohnern wird zum Symbol eines Aufstandes, der überall gärt. Die schwarze Bevölkerung hat genug von der ungerechten Justiz. Doch damit scheinen die Behörden völlig überfordert - und rüsten auf. Zu hunderten stehen sie jede Nacht den Bewohnern von Ferguson gegenüber – und verwandeln die Straßen in ein Kriegsgebiet: "Schauen Sie sich das an", sagt ein fassungsloser Demonstrant. "Die kommen jetzt schon mit Soldaten und Panzern, hier schaut’s aus wie in Afghanistan. Als wären wir hochgefährliche Terroristen! Das ist unglaublich."