Hongkong vor Protestwelle gegen Peking

Zwischen Hongkong und China droht jetzt eine offene politische Konfrontation. Nachdem Peking gestern freien Wahlen in Hongkong eine Absage erteilt hat, steht die ehemalige britische Kronkolonie vor einer Protestwelle. Teile der Opposition haben zivilen Ungehorsam angekündigt und wollen das Zentrum der Finanzmetropole besetzen. Chinas Führer haben klar gemacht, dass es nichts mehr zu verhandeln gibt.

Mittagsjournal, 1.9.2014

Verbale Wogen

Zum ersten Mal darf der Stadtchef Hongkongs 2017 direkt vom Volk gewählt werden - eine demokratische Wahl mit chinesischen Merkmalen, wie Zyniker meinen. Denn die Führung in Peking will zuvor bei der Auswahl der Kandidaten mitmischen. Nur wer Hongkong und das chinesische Mutterland liebt, darf antreten, heißt es wörtlich in dem Beschluss des Volkskongresses in Peking. Ein Komitee aus Personen, die loyal zu Chinas Führung stehen, soll in Hongkong maximal drei Kandidaten für die Wahl aussuchen. Die Opposition schäumt. "Wir sind total verärgert. Die Entscheidung Pekings ist ein gewaltiger Schlag gegen die demokratische Entwicklung in Hongkong. Freie, allgemeine Wahlen wurden uns versprochen. Was wir jetzt bekommen sollen, sind Wahlen, die unter der totalen Kontrolle der kommunistischen Partei Chinas stattfinden", sagt Benny Tai, einer der Gründer der Protestbewegung Occupy Central. Deren Name ist Programm. Die Bewegung will schon in den kommenden Wochen das Zentrum der Finanzmetropole lahmlegen. Erste Proteste gab es in Hongkong bereits gestern Abend nach der Bekanntgabe des Beschlusses in Peking. Seither gehen die verbalen Wogen hoch.

Stabilität Hongkongs gefährdet

Eine Konfrontation könne in einem Blutbad enden meinte gar ein früherer Unterhändler der chinesischen Regierung, der die Rückgabe der britischen Kronkolonie an China 1997 vorbereitet hatte. Viel wahrscheinlicher sind eine Protestwelle und Festnahmen. Hongkongs Wirtschaftskapitäne warnen vor einem Chaos. "Das Zentrum zu blockieren bedeutet den Finanzsektor zu lähmen. Es wird unser Wachstum beeinträchtigen, Jobs gehen verloren und unsere Beziehungen zu Peking werden leiden. Unser Status als globales Finanzzentrum beruht auf Vertrauen. Geht das Vertrauen verloren, wird das schwere Konsequenzen für unsere Zukunft haben", sagt der Großinvestor K.B. Fung im ORF-Interview.
Die politische Stabilität Hongkongs scheint gefährdet. Chinas Führer werden keinen Zentimeter nachgeben. Auch Hongkongs Opposition scheint unbeirrt. Eines steht fest: Peking hat eine weitere Chance versäumt, das eigene angeschlagene Image in Hongkong zu reparieren. Die ersten allgemeinen Wahlen auf chinesischem Territorium, so sie in dieser Form überhaupt stattfinden, werden eines sicher nicht sein: demokratisch nach westlichem Standard.