Brasilien vor der Stichwahl

Brasilien steht morgen Sonntag eine spannende Stichwahl um das Präsidentenamt bevor. Als Kontrahenten stehen sich Amtsinhaberin Dilma Rousseff von der gemäßigt linken Arbeiterpartei und der Mitte-Rechts-Politiker Aécio Neves gegenüber. Lange Zeit lagen beide Kandidaten in den Umfragen gleich auf, in den vergangenen Tagen konnte Rousseff einen hauchdünnen Vorsprung erzielen. Die brasilianische Bevölkerung scheint gespalten, der Wahlkampf wurde in den vergangenen Wochen hart und erbittert geführt.

Morgenjournal, 25. Oktober 2014

Harte Fernsehduelle polarisieren Brasilien

Der Wahlkampf polarisiert die brasilianische Bevölkerung wie selten zuvor. Auf Märkten, im Supermarkt und in Restaurants, überall wird heftig und emotional über Politik diskutiert. In mehreren Fernsehduellen lieferten sich die beiden Kandidaten, Dilma Rousseff und Aécio Neves, harte Wortgefechte, die nicht immer über der Gürtellinie geblieben sind.

Sie würde wenigstens nicht betrunken oder unter Drogeneinfluss Auto fahren, betonte Dilma Rousseff und spielt auf einen Vorfall an, wo Aécio Neves bei einer Verkehrskontrolle den Alkotest verweigert hatte. Dieser reagierte entrüstet und warf seiner Kontrahentin vor, die gesamte Kampagne der Arbeiterpartei würde nur auf Lügen und Verleumdungen basieren.

Gegenseitige Korruptionsvorwürfe

Vor laufender Kamera warfen sich beide Präsidentschaftskandidaten gegenseitig Lügen, Inkompetenz und Korruption vor. Neves sprach immer wieder den Korruptionsskandal rund um den staatlichen Erdölkonzern Petrobras an, war doch mitten im Wahlkampf ans Tageslicht gekommen, dass jahrelang mehrere hochrangige Politiker, unter anderem auch von Dilmas Arbeiterpartei, bei den Erdölgeschäften kräftig mitgenascht haben. Neves stellte fest, es gäbe nur zwei Möglichkeiten, was Rousseffs Rolle dabei betrifft. Sie sei entweder mitschuldig gewesen oder schlicht inkompetent.

Dilma Rousseff konterte, im Gegensatz zur Vorgängerregierung unter der PSDB, der Partei von Aécio Neves, würden Korruptionsfälle unter ihrer Regierung wenigstens untersucht, vor Gericht gestellt und verurteilt werden. Sie erinnerte, dass auch die Partei von Neves in den Petrobras-Skandal verwickelt ist und warf ihrem Kontrahenten höchstpersönlich Korruption und Amtsmissbrauch vor. Denn der Flughafen in der Kleinstadt Claudio soll auf dem Grund eines Onkels von Neves errichtet worden sein. Rousseff sprach von einem mit öffentlichen Geldern erbautem privaten Flughafen. Die Staatsanwaltschaft hat kürzlich Ermittlungen rund um den Flughafenbau aufgenommen.

Wahlausgang bleibt ungewiss

Als neuer Präsident will Aécio Neves mit harter Hand gegen die Inflation kämpfen. Für Dilma Rousseff werde die Priorität ihrer zweiten Amtszeit beim Thema Bildung liegen, betonte die Kandidatin. Neves hat vor allem den Wirtschaftssektor und die wohlhabenden Bundesstaaten im Süden Brasiliens hinter sich. Dilma Rousseff bekommt die Unterstützung von sozialen Bewegungen und dem ärmlichen Norden. Seit kurzem liegt sie in den Umfragen vorne, wenn auch nur sehr knapp.