Amtsgeheimnis: "Geheimgutachten" veröffentlicht

Ein Gutachten zum Informationsfreiheits-Gesetz wird im Parlament unter Verschluss gehalten: Der Ö1 Bericht darüber im Morgenjournal löste im Büro der Nationalratspräsidentin am Vormittag hektische Betriebsamkeit aus. Die Konsequenz: Es ist von einem Versehen die Rede, das Gutachten wurde den Fraktionen weitergeleitet und liegt auch dem Mittagsjournal vor. Der Inhalt ist wie erwartet in wesentlichen Punkten sehr kritisch zu den Regierungsplänen.

Mittagsjournal, 30.10.2014

Teufel im Detail

Das Gutachten ist bereits Ende Juli von der OSZE-Medienbeauftragten Dunja Mijatovic über das Völkerrechtsbüro des Außenministeriums an das Parlament gegangen. Und dort bis heute früh liegen geblieben. Mijatovic hatte ausdrücklich ersucht, das Gutachten an den zuständigen Minister Josef Ostermayer (SPÖ) und an die Parlamentsfraktionen weiterzugeben. Das ist nicht passiert. Die Leiterin des Legislativdienstes des Parlaments spricht in einem Mail an die Fraktionen von einem bedauerlichen Versehen. Dass das Gutachten auf unsere konkrete Anfrage auch nicht herausgegeben wurde, ist offenbar Teil dieses Versehens.

Jetzt liegt es vor, das Gutachten des Münsteraner Informationsrechtlers Bernd Holznagel, der die Bemühungen der Regierung durchaus würdigt und von einer Zäsur im österreichischen Informationsrecht spricht, sollte das Amtsgeheimnis wie geplant abgeschafft werden. Holznagel hebt hervor, dass durch den Regierungsentwurf der moderne Transparenzgedanke in der Verfassung verankert würden. Der Teufel liegt aber im Detail - und der Experte nennt ihn auch beim Namen.

"Große Befürchtung"

Zitat aus dem Gutachten für die OSZE: "Dreh- und Angelpunkt für eine effektive Umsetzung von Informationsfreiheit und Transparenz ist insofern eine unabhängige und schlagkräftige Vollzugsstelle. Hier liegt es nahe, diese Aufgabe einem unabhängigen Beauftragen für Transparenz und Informationsfreiheit zu überantworten."

Und Holznagel nimmt in seiner Expertise auch auf die geplanten Ausführungsgesetze der Länder Bezug, die unterschiedlich ausfallen und zu einem Fleckerlteppich der Informationsfreiheit führen könnten: "Angesichts der langen Tradition der Amtsverschwiegenheit in Österreich ist daher die Befürchtung groß, dass die gewährten Rechte durch die erforderlichen Ausgestaltungsgesetze übermäßig abgeschwächt oder gar ausgehöhlt werden könnten."

Vor einer solchen Entwicklung warnen viele Experten, zuletzt auch der langjährige Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland, Peter Schaar. Schaar hat - aus eigener zehnjähriger Erfahrung in einer solchen Funktion - einen Informationsfreiheits-Beauftragten als Herzstück bei der Umsetzung eines entsprechenden Gesetzes bezeichnet. Damit schließt sich der Kreis zum Holznagel-Gutachten.