Putin trotz Krise beliebt bei den Russen

Russland steht am Beginn einer schweren Wirtschaftskrise. Die russische Notenbank hat vergangene Woche ein Schrumpfen der Wirtschaft um 4,5 Prozent im kommenden Jahr vorausgesagt, falls der Ölpreis nicht wieder steigt. Gestern hat auch der russische Finanzminister seine Prognose geliefert: Minus 4 Prozent für 2015. Der Popularität von Präsident Wladimir Putin kann das offenbar nichts anhaben.

Wladimir Putin

APA/EPA/MAXIM SHIPENKOV / POOL

Morgenjournal, 27.12.2014

Aus Moskau

Schwere Rezession droht

Der Kurs des russischen Rubel hat sich nach den Horrortagen vergangene Woche inzwischen wieder etwas erholt. Nicht mehr fast 90 Rubel muss man nun für einen Euro zahlen, sondern zwischen 60 und 70. Doch auch wenn Finanzminister Anton Siluanov versichert, dass für die russische Währung damit das Schlimmste überstanden sei - was die Wirtschaft im Allgemeinen betrifft, kann Siluanov solche Prognosen nicht machen: Eine schwere Rezession, ein Schrumpfen der Wirtschaft um 4 Prozent, erwartet der Finanzminister für den Fall, dass der Ölpreis so niedrig bleibt wie in den letzten Wochen.

Präsident Putin will da der Bevölkerung sichtlich zeigen, dass die Politik alles tue, um gegenzusteuern. Der Regierung streicht Putin die Neujahrsferien und erteilt ihr dann auch gleich einen Arbeitsauftrag: "Das Wichtigste ist, unsere sozialen Verpflichtungen zu erfüllen und alles zu tun, um unsere nationale Währung zu stärken."

Hilfsmaßnahmen für Banken

Regierung, Parlament und Notenbank haben schon in den vergangenen Tagen eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den Rubelkurs in die Höhe zu treiben. Den großen Staatsbetrieben wurde angeordnet, Euro und Dollar in ihrem Besitz nicht zu horten, sondern sofort auf den Markt zu werfen. In alle größeren Banken hat die Nationalbank Aufseher geschickt, die dort die Devisengeschäfte überwachen sollen.

Darüber hinaus beschließt das Parlament gerade ein Hilfspaket zur Kapitalaufstockung im Bankensektor im Wert von umgerechnet 15 Milliarden Euro. Eine erste ins Trudeln geratene Bank wurde mit fast zwei Milliarden Euro gerettet und die Nationalbank will den Geschäftsbanken darüber hinaus damit helfen, dass sie ihnen nicht nur Rubel, sondern auch Kredite in Euro und Dollar anbietet.

85% mit Putins Amtsführung zufrieden

Doch auch wenn all diese Schritte wohl den Rubel stärken - die bevorstehende Rezession werden sie nicht verhindern. "Wir schlittern in eine richtige, ausgewachsene Wirtschaftskrise. Und nächstes Jahr werden wir ihre Auswirkungen voll spüren", sagt ein Mann, den viele für einen der besten Kenner der russischen Wirtschaft halten, der langjährige frühere Finanzminister Alexei Kudrin.

Das erste Mal seit dem Jahr 2000, seit Putin und Medwedew im Amt sind, sinken die Realeinkommen der Bevölkerung, sagt Kudrin. Doch der Popularität Putins schadet das alles offensichtlich nicht. Laut der jüngsten, vom regierungsunabhängigen Levada-Zentrum gemachten Umfrage sind weiter 85 Prozent der Bevölkerung mit der Amtsführung Putins zufrieden. Die Soziologen des Levada-Zentrums führen das vor allem auf drei Faktoren zurück: Auf Putins Einsatz für die Annexion der Krim, auf die überaus effektive Propaganda in den Medien und darauf, dass es im Bewusstsein der russischen Bevölkerung inzwischen keine anderen Politiker außer Putin mehr gibt.

Dass die Zustimmungswerte für Putin trotz der Wirtschaftskrise so gar nicht fallen wollen, ist nach Meinung der Zeitung Nesavisimaja Gaseta aber ein "typisch russisches Paradoxon". Laut dem Ökonomen Michail Dmitriev gibt es freilich auch in Russland einen ganz eindeutigen Zusammenhang zwischen der Wirtschaftslage und der Popularität von Politikern - nur werde dieser Zusammenhang erst mit großer Zeitverzögerung sichtbar. Die letzte große Wirtschaftskrise sei ein gutes Beispiel. "Die Krise hat 2008 begonnen und die Popularität Putins hat drei Jahre später zu fallen begonnen", erklärt Dmitriew. Verläuft diesmal alles ähnlich, so kann sich Putin also bis Ende 2017 sicher fühlen.