Aus den verlorengegangenen Aufzeichnungen der in Südamerika exilierten österreichischen Diva Nora Gregor.

Weit weg von Wien

Historisches Frauenporträt

Nora Gregor, 1937

Associated Press

Ö1 Beispiele

Angela Schneider liest einen Auszug aus "Weit weg von Wien." Aus den verlorengegangenen Aufzeichnungen einer in Südamerika exilierten österreichischen Diva. Von Hans Kitzmüller. Aus dem Italienischen von Christine Casapicola.

Die unpolitisch denkende Schauspielerin Nora Gregor wurde in Wien zunächst die umworbene Geliebte, und später die Ehefrau des Heimwehrführers Ernst Rüdiger Starhemberg. Sie musste nach dem Sturz des Dollfuß-Regimes mit ihm und dem gemeinsamen Kind zuerst Österreich und dann Europa verlassen.

Glanzvolle Karriere

Nora Gregor, geboren 1901 im altösterreichischen Görz, heute Gorizia/Nova Gorica, gestorben 1949 im chilenischen Viña del Mar. Dazwischen lag eine glanzvolle Karriere als Burgschauspielerin und Hollywoodstar, aber auch eine tragisch endende Flucht ins südamerikanische Exil an der Seite eines umstrittenen Politikers.

Nora Gregor, die mit Giganten der Film- und Theatergeschichte wie Max Reinhardt, Carl Theodor Dreyer, Douglas Fairbanks jr., Billy Wilder und Jean Renoir gearbeitet hatte, fand nie den Weg zurück nach Wien. Sie starb knapp 48-jährig in Chile an einem Herzleiden, nachdem Starhemberg sich von ihr abgewandt hatte.

Mit grüner Tinte

Der friulanische Publizist und Herausgeber Hans Kitzmüller hat die Lebensgeschichte der österreichischen Schauspielerin Nora Gregor mehrere Jahre lang recherchiert, und dazu auch die Stationen ihres Lebens besucht. Aus Nora Gregors in grüner Tinte geschriebenen Aufzeichnungen, aber auch aus vielen Gesprächen mit Zeitgenossen und Wegbegleitern entstand ein Tatsachenroman, der sich in Inhalt und sprachlicher Form eng an die vorhandenen Dokumente und die daraus hervortretende Persönlichkeit der Nora Gregor hält, und der nicht zuletzt mit dem oft fälschlich kolportierten Selbstmord der Schauspielerin aufräumt.

Ambivalenter Blick auf Starhemberg

Nora Gregors Erinnerungen betreffen auch Aspekte der bis heute nicht vollkommen aufgearbeiteten Jahre des Austrofaschismus, dargestellt aus der Sicht einer relativ kritiklosen Frau, der ihre Liaison mit Ernst Rüdiger Starhemberg zum Verhängnis wurde. Obwohl Nora Gregor ein Opfer Starhembergs war, und ihren Gatten auch menschlich verurteilt, stellt sie doch am Ende fest, dass er einer der wenigen Österreicher gewesen sei, die offiziell gegen Hitler gekämpft haben.

Text: Edith-Ulla Gasser