Von Rolf Hosfeld

Tod in der Wüste

Der junge Armenier Soghomon Tehlirjan erschoss im März 1921 auf offener Straße in Berlin Mehmet Talaat, der als Innenminister des türkischen Reichs hauptverantwortlich für den Genozid an den Armeniern anzusehen ist. Das Erstaunliche an dem Prozess: Der Täter, der Armenier Tehlirjan, wurde freigesprochen. Mit dieser Szene endet Rolf Hosfelds Buch "Tod in der Wüste. Der Völkermord an den Armeniern".

"Ein auch für Laien gut lesbares Buch."

Es ist ein Bild des unvorstellbaren Schreckens, das hier geliefert wird: Enteignung des Vermögens, Erniedrigung, Vergewaltigung, Deportation, Erschießung und dann der Gang vieler Tausend Armenier in die Syrische Wüste - Todesmärsche, die den Völkermord komplettierten. Ganz genau wird man es wohl nie wissen, aber über eine Million Armenier könnten dem Rassenwahn der Türken in den Jahren 1915 und 1916 zum Opfer gefallen sein.

Johannes Lepsius ist eine der wichtigsten Figuren in Rolf Hosfelds Untersuchung: Der deutsche Theologe und Orientalist hat sich stets für die Sache der Armenier eingesetzt. Die meisten Politiker im Deutschen Kaiserreich und der Habsburger Monarchie schauten hingegen einfach weg, da man die Türkei als Verbündeten im Ersten Weltkrieg benötigte. Doch auch Briten, Franzosen, Amerikanern und Russen waren zu keiner klaren Stellungnahme bereit. Dieses Verhalten hat durchaus verhängnisvolle Parallelen zum Völkermord in Ruanda von 1994.

Der Kulturhistoriker Rolf Hosfeld zieht solche Querverbindungen nicht. Auch Vergleiche zum Holocaust bleiben Randanmerkungen. Er arbeitet das zum Teil sehr wissenschaftliche Material auf und macht aus der komplexen und durchaus komplizierten Geschichtskatastrophe ein auch für Laien gut lesbares Buch.

Service

Rolf Hosfeld, "Tod in der Wüste - Der Völkermord an den Armeniern", C. H. Beck Verlag