Peter Stein inszeniert Janaceks "Vec Makropulos"

An der Wiener Staatsoper hat am Sonntag Leos Janaceks vorletzte Oper "Die Sache Makropulos" erstmals Premiere - Ö1 überträgt live. Die über 330 Jahre alte Emilia Marty singt die US-amerikanische Primadonna Laura Aikin; ein großer alter Herr des Theaters, Peter Stein, inszeniert dieses Stück über den Tod.

Mittagsjournal, 9.12.2015

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Wiener Staatsoper - Vec Makropulos

Leos Janaceks "Vec Makropulos" ("Die Sache Makropulos") stammt aus den 1920er Jahren und spielt auch in dieser Zeit; die Handlung könnte aber auch aus einem Science-Fiction-Film von heute sein: Die gefeierte Primadonna Emilia Marty heißt in Wahrheit Elina Makropulos und ist ein paar Jahrhunderte alt. Ihr Vater, Leibarzt von Kaiser Rudolf II. in Prag, hat damals im 17. Jahrhundert einen alchimistischen Trank entwickelt, der den Kaiser unsterblich machen sollte. Getestet wurde die Substanz allerdings an der Tochter des Arztes, Elina. Seither geistert sie unter verschiedenen Identitäten als Sängerin durch die Operngeschichte. Nun, nach 337 Jahren, lässt die Wirkung nach; aber das vergilbte Rezept für das unsterblich machende Elixier hat einer ihrer Erben; ohne das aber zu wissen.

"Der Tod, ein wunderbares Institut"

Gut eineinhalb Stunden und drei Akte hindurch jagt Emilia Marty nach dem Papier. Doch nicht der Opernkrimi steht im Vordergrund, sondern die seelische Situation dieser Frau, die süchtig nach dem Überleben geworden ist und sich am Ende doch für den Tod entscheidet. "Wenn ihr nur wüsstet, wie leicht ihr lebt! Ihr seid so nah an allem! Für euch hat alles Sinn!", singt sie am Schluss. Unsterblichkeit bedeute furchtbare Einsamkeit und Überdruss.

Regisseur Peter Stein kann aus der Perspektive seiner 78 Jahre diesen Befund der Emilia Marty absolut nachvollziehen: "Jeder, der nur halbwegs vernünftig ist, weiß, dass der Tod zum Leben gehört und ein wunderbares Institut ist. Das erfährt man ja schon in diesem Leben, das wir haben, also 70 bis 80 Jahre. Wenn das sich verlängern sollte, das Gefühl der Wiederholung, der Langeweile, der persönlichen Abstumpfung, des Schwindens von Illusionen: Das ist absolut nicht erstrebenswert."

Wie gut nützen wir das Leben?

Das Libretto der Oper frei nach Karel Capek ist so packend wie die drängende und vitale Musik des damals 68-jährigen Janaceks. Wie gut nützen wir ein mit so viel nebensächlichem Kleinzeug befrachtetes Leben? Und die Hoffnung der Medizin, dass wir noch älter werden - nützt uns die? Das Stück kann sich seiner Aktualität sozusagen kaum entziehen. Peter Steins Regiekonzept dagegen ist - in einer Ausstattung der 20er Jahre - ruhig, klassisch, kammerspielhaft, ohne explizite Gegenwartsbezüge.

"Gerade bei diesem Stück ist es vollkommen lächerlich, irgendwelche Modernisierungen zu machen. Weil man dann die Musik nicht mehr mitkriegt, und die Geschichte auch nicht versteht", erklärt Peter Stein, "und dementsprechend nehme ich Vorwürfe der Konservativen gerne auf mich; kein Problem."

"Vec Makropoulos", dirigiert von Jakub Hrusa, mit Laura Aikin in der Titelrolle, hat am Sonntag Premiere - Ö1 überträgt live.