Mutmaßlicher Kinderschänder in thailändischer Haft

Um Sextouristen besser verfolgen zu können, die thailändische Kinder missbrauchen, hat das österreichische Innenministerium vor zweieinhalb Jahren ein Abkommen mit Thailand abgeschlossen. Österreicher, die in Thailand straffällig werden, sollen vor österreichische Gerichte gestellt werden können. Wie schwer das in der Praxis ist, zeigt ein Fall, der sich schon über Jahre zieht.

Ein mutmaßlicher Missbrauchstäter ist in Thailand erwischt worden aber wieder freigekommen. In Wien wurde er angeklagt, der Prozess aber wegen fehlender Zeugenaussagen unterbrochen. Jetzt sitzt er wieder in Thailand in Haft.

Mittagsjournal, 6.2.2016

Seit fünf Jahren zieht sich der Fall schon. Damals ist ein Hausverwalter und Immobilienvermittler aus Wien in Pattaya halbnackt mit zwei Buben entdeckt worden. Kinderschützerinnen vermuten, womöglich war er seither mehrmals in Thailand - und wurde dort trotz eines Haftbefehls nicht verhaftet, , weil er seinen Namen geändert hat.

Laut Bundeskriminalamt hat ihn die thailändische Polizei nun jedenfalls im Dezember am Flughafen festgenommen, kurz nachdem die thailändischen Behörden seine Namensänderung registriert hatten. Thomas Spreitzer, Sprecher des Landesgerichts Wien: „Derzeit ist der Angeklagte in Thailand in Haft. Die Vorwürfe stammen aus dem Jahr 2010, der schwere sexuelle Missbrauch von Unmündigen und der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen.“

Die tragisch-komische Vorgeschichte: Nach der Festnahme 2010 ist der Österreicher zunächst an den Pranger gestellt worden, halbnackt auf Zeitungsfotos in Thailand - mit zwei Buben und Polizisten. Doch dann die Wende, schildert Astrid Winkler, Geschäftsführerin von ECPAT, der Arbeitsgemeinschaft zum Schutz von Kindern gegen sexuelle Ausbeutung: „Nach einer Woche bis 10 Tagen wurde er freigelassen, die Beweismittel waren plötzlich nicht mehr auffindbar.“ Wie kann so etwas geschehen? Winkler: „Das ist halt so, dass Täter Beamte bestechen oder auch Opfer. Das gibt´s natürlich in vielen Ländern, wohl auch bei uns. Ich habe konkret keine Beweise gesehen aber es spricht vieles alles dafür, dass da irgendwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.“

Nach der Freilassung hat dort der Verbindungsbeamte des österreichischen Innenministeriums in Thailand begonnen Druck zu machen. Plötzlich sind die Ermittlungsakten wieder aufgetaucht, Thailand hat einen Haftbefehl erlassen und die Staatsanwaltschaft Wien konnte den nach Österreich zurückgekehrten Beschuldigten vor drei Jahren anklagen Können.

Das Gericht hat den Prozess aber gleich wieder unterbrochen, weil valide Zeugenaussagen von den mutmaßlichen Opfern fehlten. Astrid Winkler: „Was sich abgespielt hat in den fünf Jahren, ist aus Kinderschutzsicht natürlich problematisch. Da geht´s dann um solche Details – etwa dass zu wenige beeidete Thai-Übersetzer in Österreich verfügbar sind.“

Nicht so lange gedauert hat das Gerichtsverfahren wegen übler Nachrede, das der 44-jährige beschuldigte Unternehmer gegen die Kärntner Aktivistin Hermine Reisinger gestartet hat. Sie hatte auf ihrer Internetseite „gegen sexuelle Gewalt“ zumindest Teile seines Namens veröffentlicht und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt: "Nun denke ich, da wurde ich zu früh verurteilt wegen übler Nachrede und nun sieht es für mich auch anders aus."

Reisinger befürchtet, dass der Beschuldigte in den vergangenen Jahren immer wieder in Thailand gewesen sein könnte, weil in den Wintermonaten immer wieder jemand aus Thailand auf ihre Internetseite zugegriffen habe: "Das könnte möglich sein, ich kann es nicht sicher sagen. Ich habe diese These auch dem Innenministerium schon einmal geschrieben, ob nicht - da er noch immer frei war - die Möglichkeit bestehen könnte, dass er nach Thailand einreist. Und ich hab auch versucht, die Polizei in Thailand zu informieren darüber.“

Die Anwälte des Beschuldigten haben vor einem Jahr noch sinngemäß angegeben, falsche Polizisten hätten ihrem Mandanten fern jeglicher Realität Kindesmissbrauch vorgeworfen. Jetzt wollten sie keine Stellungnahme abgeben. Übrigens handelt es sich laut Bundeskriminalamt um den einzigen Fall, wo ein mutmaßlicher Sextourist und Missbrauchstäter in Österreich angeklagt wurde - seit dem Abkommen mit Thailand vor zweieinhalb Jahren.