Von James Rhodes

Der Klang der Wut

In seiner Kindheit und Jugend ging er durch die Hölle, heute wird James Rhodes als Star-Pianist gefeiert. Seine Geschichte aufzuschreiben fiel ihm nicht leicht, aber es war gut für ihn und für uns Leser und Konzertbesucher. In seinem Buch "Der Klang der Wut" berichtet er, wie Musik den ihn am Leben hielt.

Kontext, 8.4.2016

Als dem Konzertpianisten James Rhodes per Gerichtsurteil verboten wurde, seine Memoiren zu veröffentlichen, war er so geschockt, dass er zusammenbrach und zum wiederholten Mal in psychiatrische Behandlung musste. "Anderenfalls hätte ich mich wahrscheinlich umgebracht", sagt der Musiker heute. Das Gericht hielt den Inhalt seines Buches für "verabscheuenswürdig, beschämend, toxisch, also giftig". Geklagt hatte Rhodes Ex-Frau, die ihm verbieten wollte, über seine Vergangenheit öffentlich zu reden. Erst vor einem Jahr hob das oberste Gericht in Großbritannien das Urteil auf. Wenn jemand, der so viel Leid erfahren und so viele Jahre gekämpft hat, um im Leben zu Recht zu kommen, dann ist seine Geschichte wichtig, hieß es in der Urteilsbegründung.

James Rhodes beschreibt in seinem kraftvollen Buch zwei existentielle Erfahrungen: Was es bedeutet, als Kind fünf Jahre lang vergewaltig zu werden und seine tiefe Liebe zur Musik, die ihn am Leben gehalten hat und zum Pianisten machte. Erst vor zehn Jahren gab der schmächtige und zierlich wirkende Londoner sein erstes Klavierkonzert. Weil er von Anfang an in Jeans und Turnschuhen auf die Bühne kam, gilt er mittlerweile als Popstar der klassischen Musik.

James Rhodes Buch ist auch ein Plädoyer für die klassische Musik und für ihre heilende Kraft: spannend zu lesen für den Laien und überraschend für informierte Musikkenner. Als Siebenjähriger entdeckte James in der Plattensammlung des Vaters ein Stück von Johann Sebastian Bach, das ihn komplett verzauberte. Die Chaconne, ein 15-minütiges Trauerstück, in der Klavierfassung von Ferruccio Busoni. James Rhodes fing an, besessen zu üben, schaffte sich so seinen eigenen Rückzugsort.

Service

James Rhodes, "Klang der Wut. Wie die Musik mich am Leben hielt", Nagel und Kimche