Josefstadt in der Saison 2016/17
Neue Stücke von Peter Turrini, Felix Mitterer und Daniel Kehlmann präsentiert das Wiener Theater in der Josefstadt in der kommenden Saison. Als kleine Sensation zur Saisoneröffnung ist die Uraufführung eines lange verschollenen Stücks von Ödön von Horváth angekündigt.
8. April 2017, 21:58

Der kaufmännische Direktor Alexander Götz und Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger
APA/HERBERT NEUBAUER
Kulturjournal, 11.5.2016
Horváths Frühwerk "Niemand"
Kein Geringerer als Ödön von Horváth selbst war via Skype zur heutigen Pressekonferenz zugeschaltet, um ein paar Worte über sein bisher unbekanntes Stück mit dem Titel "Niemand" zu verlieren. Eine Portion Josefstadt-Humor darf nicht fehlen, wenn das traditionsreiche Theater im achten Bezirk seinen neuen Spielplan präsentiert.
Horváts Frühwerk "Niemand", ein schrill-sozialkritisches Stück mit einem Wucherer namens Fürchtegott Lehmann als zentrale Figur, tauchte erstmals Mitte der 1990er Jahre auf. Im vergangenen Jahr ersteigerte die Wien Bibliothek das Manuskript, um das sich viele Theaterhäuser rissen. Dass jetzt die Josefstadt das Stück an Land gezogen hat, sei eine Sensation, sagt Intendant Herbert Föttinger, der bei der Uraufführung selbst Regie führt.
Ausladend ist die Besetzung des Stücks: 24 Rollen gibt es in dem Stück zu besetzten, die nicht doppelt besetzen kann, sind vorgesehen; ein großer Teil des Josefstadt-Ensembles wird bei dieser Eröffnungs-Premiere am 1. September im Einsatz sein.

Peter Turrini
APA/HERBERT NEUBAUER
Service
Turrinis "Sieben Sekunden Ewigkeit"
Nur eine Schauspielerin verlangt hingegen eine andere Uraufführung, Peter Turrinis Stück "Sieben Sekunden Ewigkeit". Der Autor widmet sich darin der Hollywood-Diva und Erfinderin Hedy Lamarr, die in den 1930er Jahren mit einer kurzen Nacktszene im Film "Ekstase" in die Filmgeschichte eingegangen ist; eine Figur, in der sich alles nur denkbar Widersprüchliche vereine, so der Autor. Unter der Regie von Stephanie Mohr wird Sandra Cervik in die Rolle von Hedy Lamarr schlüpfen.
"Heilig Abend" von Daniel Kehlmann
Ein Kammerstück, das sich mit einem aktuellen politischen Thema befasst, liefert Daniel Kehlmann mit dem "Heilig Abend": Eine junge Terrorverdächtige wehrt sich in einem Verhör gegen die totale Überwachung. Der Dialog spielt sich in Echtzeit ab; eine Uhr zeigt die verrinnenden Sekunden bis zu einer möglichen Bombenexplosion. Mit dem Stück wolle er sich auf die Grundsubstanz des Dramatischen beschränken, so Kehlmann, der - nun ganz in echt - per Skype zugeschaltet war. Regie führt Herbert Föttinger, zu sehen sind Maria Köstlinger und Bernhard Schir.
Felix Mitterers "Galápagos"
Die zweite Uraufführung steuert Felix Mitterer bei, und wie Peter Turrini widmet er sich der Zwischenkriegszeit: Sein Stück "Galápagos" handelt von den Vorgängen rund um die Zivilisationsflüchtlinge Friedrich Ritter und Dore Strauch, die sich mitten in der Weltwirtschaftskrise auf Floreana, einer Insel im Galápagos-Archipel, niedergelassen haben. Mehrere weitere Aussteiger folgten ihnen nach, einige Jahre später waren die meisten von ihnen tot. Die Geschichte gab Anlass zu wilden Spekulationen, unter dem Schlagwort "Galápagos-Affäre" sind zahlreiche Zeitungsberichte, Bücher und Filme erschienen. Felix Mitterer will den Stoff konzentriert und reduziert auf die Bühne bringen, wie er sagt.
Erni Mangold in "Harold und Maude"
Eine Uraufführung gibt es auch in den Wiener Kammerspielen: Dort präsentiert man etwa eine Bühnenadaption des Films "Monsieur Claude und seine Töchter", oder ein Stück des gehypten französischen Autors Florian Zeller als Österreichische Erstaufführung - und nicht zuletzt feiert Schauspielerin Erni Mangold im Jänner ihren 90. Geburtstag; als Jubiläumsproduktion hat Herbert Föttinger Colin Higgins' Komödie "Harold und Maude" ausgewählt.
Der ehemalige Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg, der einst als Schauspieler in der Josefstadt angefangen hat, kehrt für diese Produktion wie auch für Nestroys "Mädl aus der Vorstadt" nun als Regisseur ans Haus zurück.
Gute Nachrichten hat auch der kaufmännische Direktor Alexander Götz mitgebracht, was die aktuelle Besucherzahl betrifft: Diese wird am Ende der Saison bei rund 300.000 liegen, die Auslastung im Haupthaus liegt bei 81, jene in den Kammerspielen bei über 97 Prozent. Stolz zeigt sich Herbert Föttinger schließlich darüber, dass das Theater seine Werkstätten in unmittelbarer Nachbarschaft nicht nur behält, sondern derzeit sogar renoviert. Allerdings räumt man ein: Ohne einen privaten Mäzen, der schon die vorangegangenen Renovierungen mitfinanziert hat, hätte die Josefstadt den Werkstätten-Ausbau nicht gestemmt.