"Eiswind" am Akademietheater

Den sogenannten Rechtsruck in Europa thematisiert das neue Werk des ungarischen Regisseurs Arpad Schilling: Darin wird der Aufenthalt zweier Paare in einer Jagdhütte zum Horrortrip. "Eiswind/Hideg szelek" - in deutscher und ungarischer Sprache - wird heute im Wiener Akademietheater uraufgeführt.

Schilling war schon zu Gast an der Burg und beim Steirischen Herbst; er inszeniert auch an der Bayrischen Staatsoper München. Ein Interview mit dem Autor hören Sie heute im "Kulturjournal" um 17:09 Uhr.

Morgenjournal, 25.5.2016

Jagdhaus für Intellektuelle

Auf finsterer Bühne steht ein schicker kleiner Wohnkubus auf Stelzen. Ein Jagdhaus für Intellektuelle, in einem österreichischen Wald. Hier treffen zwei Paare aufeinander: Einerseits die Besitzer des Jagdhauses. Frank, Osteuropaexperte aus der Ex-DDR, unglücklich verheiratet mit der reichen Erbin Judith.

Andererseits Janos und Ilona. Sie kommen aus einem Ungarn der vielleicht gar nicht fernen Zukunft, das sich immer mehr in Richtung Diktatur entwickelt. Ilona hat das nicht mehr ertragen und ist nach Österreich geflüchtet. Janos, von Beruf Polizist, will sie heimholen, mit Liebesschwüren und Drohungen. Doch ein heftiger Sturm zwingt die ungleichen Paare, miteinander in der Hütte zu verharren.

Verbarrikadiert und umzäunt

Aus anfänglich freundlichem Beschnuppern wird ein Horrortrip. Janos verbarrikadiert und umzäunt das Jagdhaus. Es verwandelt sich in eine kleine "Festung Europa". Das deutsche Paar verkörpert in dieser Parabel eine saturierte westliche Intelligenzija, die sich immer noch in Sicherheit wiegt und glaubt, dass die autoritäre Wende ein Problem des Ostens ist, auf den sie mitleidig herabschaut.

"Erst wenn die Gefahr im Haus ist, nehmen wir sie zur Kenntnis", sagt Regisseur Arpad Schilling. "Ist sie noch vor dem Haus, glauben wir, sie wird uns nicht treffen. Das Stück will auch zu mehr Solidarität zwischen Demokraten im Westen und im Osten aufrufen, als Waffe gegen rechte Demagogen."

Krise der Männlichkeit?

In "Eiswind" wird auch thematisiert, wie autoritäre Politik in Osteuropa als Role-Model dient für entsprechende Kräfte in Westeuropa. Der wohlstandsverwahrloste Sohn des deutschen Paars radikalisiert sich unter dem Einfluss des Polizisten Janos und kippt in den brutalen Macho-Modus.

Rechtsaußen-Parteien sprechen jüngere Männer als Wähler besonders stark an. Dass der Vormarsch solcher Parteien auch mit einer Krise der Männlichkeit zu tun haben könnte - auch dazu liefert "Eiswind" Denkanstöße. Ohne ein Lehrstück zu sein; davor bewahren es ironische Brechungen und Galgenhumor. Und die Leistung vor allem auch der ungarischen Darsteller. Man fragt sich - sind das wirklich Schauspieler, oder sind die vielleicht doch echt?

Service

Burgtheater - Eiswind/Hideg szelek
In deutscher und ungarischer Sprache mit Übertiteln

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