Romeo Castellucci

LUCA DEL PIA

Diagonal

Frischzellenkur für die Wiener Festwochen

Zum Auftakt der Wiener Festwochen hat "Diagonal" mit Theatervisionär Romeo Castellucci gesprochen. Außerdem hören Sie die Festwochen- Kuratoren Nadine Jessen und Johannes Maile im Gespräch.

Oh Romeo. Theatervisionär Romeo Castellucci bei den Wiener Festwochen

Er brachte eine Wachkoma-Patientin via Video-Livestream auf die Bühne und ließ im Berliner „HAU“ den Geruch von Exkrementen aufsteigen. Der italienische Regisseur Romeo Castellucci scheut sich nicht davor, die Grenzen des guten Geschmacks zu sprengen. Der Erfolg gibt ihm Recht.

Romeo Castellucci gilt als großer Theater-Provokateur unserer Tage. Bei den diesjährigen Festwochen wird er wohl für ein Programmhighlight sorgen: Zuletzt hat sich Romeo Castellucci mit Jeanne d´Arc beschäftigt. In seiner aktuellen Produktion begibt sich Castellucci auf die Spur des französischen Publizisten und Politikers Alexis de Tocqueville, der sich in den 1830er Jahren Gedanken über die noch junge amerikanische Demokratie gemacht hat. Was bedeutet Demokratie? Damals? Und heute? In der Ära-Trump?

Mann mit offenem Hemd

Szenenfoto aus Romeo Castelluccis "Democracy in America"

Guido_Mencari

Die Macht des Volkes? Oder: Die Tyrannei der Mehrheit?

„Die Macht des Volkes! Was heißt das? Schon dieser Begriff ist problematisch, weil er auf dem Ausschluss der Minderheiten basiert. ‚Wir sind das Volk` sagen sie. Wir! Wer ist das? Die Weißen? Die Reichen? Die Einwanderer zum Beispiel gehören nicht zum Volk. Wir sollten korrekter von Bevölkerung sprechen“, Romeo Castellucci über seine aktuelle Produktion „Democracy in America“, die Ende Mai bei den Wiener Festwochen. Ines Mitterer hat für „Diagonal“ mit Romeo Castellucci gesprochen. Außerdem hören Sie die Festwochen- Kuratoren Nadine Jessen und Johannes Maile im Gespräch. Die beiden verraten Ihnen welche Festwochenproduktionen Sie auf keinen Fall versäumen sollten.

Romeo Castellucci

Über den Unterschied von Volk und Bevölkerung

Indische Gottheiten im Gewand einer Drag-Queen.

Zum Auftakt der Festwochen ist das große Musik- und Tanztheaterspektakel „Ishvara“, eine Inszenierung des chinesischen Performers Tianzhuo Chen, zu sehen. Diese Eröffnungsproduktion darf man ohne Übertreibung als Statement bezeichnen. Tianzhuo Chen, Jahrgang 1985, ist in Bejing geboren und hat am renommierten Saint Martin‘s College in London studiert.

Mit „Ishvara“ inszeniert Tianzhuo Chen einen überwältigen karnevalesquen Reigen, der sich auf das indische Epos „Bhagavad Gita“ bezieht. Ein spirituelles Gedicht, das von der Selbstoffenbarung des hinduistischen Gottes Krishna erzählt. Mit „Istvara“ hat Tianzhuo Chens einen bombastischer Bilderreigen inszeniert. Es ist das Werk eines Künstlers mit globalisiertem Lebenslauf. Denn ja, halten Sie sich fest, hier setzt sich ein chinesischer Künstler mit einem spirituellen Urtext des Hinduismus auseinander, indem er sich diverser Codes der globalen Popkultur bedient. Mit dabei eine Voguing-Kompanie, die die künstlichen Posen aus Modemagazinen ins Tänzerische übersetzt. Da stehen hinduistische Gottheiten im Gewand einer Drag-Queen auf der Bühne und die Oper wird im Geiste der Hybridität neu erfunden. In Europa ist „Ishvara“ erstmals zu sehen am 13., 14. und 15. Mai in Halle E im Museumsquartier.

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