Herbert Kickl, FPÖ TV

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Bewegtbild

Parteimedien in Bewegung

Es ist schon längst kein Marketing-Geheimnis mehr, dass das Bewegtbild in der Kommunikation Emotionen und Interaktion besser hervorruft, als jeder Newsletter und jede Aussendung. Kein Wunder also, wenn auch die Parteien vermehrt auf die Produktion von Videos oder gar eigene TV-Kanäle setzen, um ihre politischen Botschaften zu verbreiten. Und dabei hat eine Partei den Trend als erstes erkannt.

"Ich kann mir eine Kommunikation ohne das Videosegment nicht vorstellen", sagt Herbert Kickl, Generalsekretär der FPÖ. Seit Jahren betreibt seine Partei eine vielfältige multimediale Medienmaschinerie, zu der die anderen Parteien mit großer Mühe erst nach und nach aufschließen können. "Wir waren bei weitem die Ersten und haben einen Vorsprung gegenüber den anderen, weil wir einfach das Know-how haben, die technische Infrastruktur und sehr schnell sind. Die Zugriffszahlen auf unsere Videos zeigen, dass das bei den Rezipienten sehr gut angenommen wird", sagt Kickl und meint damit FPÖ-TV, ein Online-Magazin der Partei, das nicht nur Parteiveranstaltungen abfilmt, sondern ganz und gar auf Fernsehen macht. Inklusive Moderatoren und TV-Studio, nur eben ohne lästige Interview-Fragen kritischer Journalisten.

Auch auf Facebook setzen die politischen Parteien in Österreich vermehrt auf Videos. Mit einfachen Texten und Weblinks verschwindet man längst in der Masse an Informationen. Wer geklickt und gehört werden will, muss Videos produzieren, und diese am besten gleich auf der sozialen Plattform hochladen. Auf der Facebook-Seite von Heinz-Christian Strache, mit 620.000 Likes die stärkste Politiker-Seite Österreichs, hält der Parteiobmann etwa eine Ansprache an die Nation, man sieht das Ehepaar Strache, das eine Tierpatenschaft im Zoo übernimmt, aber auch live gestreamte Pressekonferenzen.

Auf YouTube, wo die meisten Jugendlichen zu finden sind, ist die FPÖ ebenfalls stark. Auf ihrem Kanal "Österreich zuerst" werden dort TV-Interviews, Parlamentsreden und Pressekonferenzen veröffentlicht – mit bis zu einer halben Millionen Klicks.

Bewegtbild ist "sexy"

Eine Mischung aus Hintergrund und politischer Information mit viel Live-Berichterstattung auf Facebook, so lauten die Pläne Kickls für den Wahlkampf. Dass das bewegte Bild das geschriebene Wort sticht, liegt für Kickl auf der Hand: "Wenn es die Möglichkeit gibt, etwas in Bewegtbildern zu zeigen und vielleicht auch noch irgendwie kreativ aufzulösen, ist das für den Verbraucher wahrscheinlich immer interessanter und ein bisserl mehr sexy, als wenn ich irgendwo eine Grafik reinstelle."

ÖVP: Hofberichterstattung für die Landesregierung

Bei der ÖVP steckt man da noch eher in den Startlöchern. Zwar gibt es seit Anfang des Jahres mit OÖVP-TV auch einen eigenen Parteisender, aber nur in Oberösterreich und nur einmal in der Woche. Zu sehen ist dort jeden Freitag eine Art Hofberichterstattung über die Landesregierung. Auf YouTube werden die Video-Clips durchschnittlich etwa 300 Mal aufgerufen. Im Vergleich zum FPÖ-Pendant eine eher schwache Ausbeute.

Der Landesgeschäftsführer der oberösterreichischen Volkspartei, Wolfgang Hattmannsdorfer, betont aber, dass es abseits der Parteimitglieder 2.000 weitere Abonnenten gibt, die den TV-Kanal per WhatsApp oder Mail beziehen. "Die Motivation ist dem Mediennutzungsverhalten geschuldet. Unser Zugang in der Kommunikationsstrategie ist natürlich einer, der stark dem Multi-Channel-Gedanken gewidmet ist. Da gehört ein Video-Format einfach auch mit ins Portfolio", so Hattmannsdorfer. Dass die FPÖ hier ein Vorbild ist, bestreitet er. "Das Internet ist kein Naturschutzgebiet der FPÖ."

OÖVP-TV auf dem Handy

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OÖVP-TV als Newsletter 2.0

Die Zielgruppe des oberösterreichischen ÖVP-Kanals sind die eigenen Sympathisanten. "Wir leben davon, dass die örtlichen Meinungsbilder unsere Botschaften verbreiten und da ist das eine gute Alternative zu einem Newsletter. Der Anspruch ist nicht, sich ein Paralleluniversum aufzubauen. Das ist der Unterschied zum Zugang einer anderen Partei", sagt Wolfgang Hattmannsdorfer im #doublecheck-Interview.

Denken wie eine Redaktion

Folgt man dem ehemaligen Fernsehjournalisten Dominik Sinnreich, der nun mit der Produktionsfirma „Newsroom GmbH“ Videos produziert, wird das Abfilmen von Pressekonferenzen allein nicht zum viralen Hit verhelfen. "Alles wie 'Ich filme Pressekonferenzen ab' oder 'Ich mache ein Verlautbarungsorgan' wird in den meisten Fällen nicht funktionieren." Wenn die Parteien Medien betreiben wollen, müssten sie auch wie Redaktionen denken, sagt Sinnreich. "Die FPÖ hat früh begonnen, wie eine Redaktion zu funktionieren. Das haben sie besser gemacht als die anderen bisher und deshalb sind sie den anderen auch so davongaloppiert in den letzten Jahren."

"Danke für die Frage"

Was die ÖVP noch verpasst hat, versucht sie jetzt unter Sebastian Kurz aufzuholen. Der frisch gewählte Obmann veröffentlicht etwa unter dem Hashtag #kurzgefragt regelmäßig Videos, in dem er Fragen seiner Anhänger beantwortet. Caroline, Rolf oder Andreas – Kurz ist per Du mit seinen Zusehern, spricht hinter viel Weichzeichner staatsmännisch und doch persönlich direkt in die Kamera. Unmittelbare Kommunikation, ohne Zwischenstationen.

W24: Das Bürgermeister-Fernsehen

Bei der SPÖ hat zuletzt das "Pizzaboten-Video" für Furore gesorgt. Aber auch schon bevor Facebook ein zentraler Stein im Kommunikationsmosaik der Parteien wurde, hat die SPÖ Wien mit dem Stadtsender W24 das bewegte Bild für sich erkannt. Laut Marcin Kotlowski, seit 2011 Geschäftsführer, hat W24 60.000 Zuseher am Tag. Der Sender ist im Besitz der Wien Holding, einer Gesellschaft der Wiener Stadtverwaltung und damit seit jeher rotes Einflussgebiet. Und so mutet dann auch das Programm des Senders an. Vom Donauinselfest bis zu den 1. Mai-Feierlichkeiten, ein rotes Programm durch und durch.

Coca Cola mag kein Karies

Die SPÖ kommt nicht nur öfter vor, es wird auch nicht mit viel Distanz über sie berichtet. Dass Kritiker den Sender Bürgermeister-Fernsehen nennen, stört Marcin Kotlowski nicht. "Ich habe mit dem Begriff Bürgermeister-Fernsehen kein Problem, weil es im Grunde der oberste politische Eigentümervertreter ist. Wir berichten mehr über die Koalition als über die anderen Parteien, weil diese die Tagespolitik bestimmt."

Für Kotlowski ist klar: Jedes Medium hat einen Eigentümer und dieser hat Interessen. "Ich sage immer in der Redaktion: Wenn wir Coca Cola sind und wir haben jeden Tag 24 Stunden Karies-Berichte, wird es auch irgendwann eine Unzufriedenheit des Eigentümers geben." Für die Redakteure und Redakteurinnen bei W24 gelte daher der Grundsatz immer in der Stadt nachzufragen, wie es mit einem Thema weitergeht. "Das, was die Stadt sagt, ist uns natürlich ein Anliegen und wir wollen das auch bringen."

Konstruktiv statt kritisch

Kotlowski spricht von konstruktivem Journalismus. "Es geht nicht um die Zuspitzung von Problemen, sondern es geht um das Aufzeigen, was für eine Lösung im Vordergrund steht und nicht unbedingt wo das Haar in der Suppe zu finden wäre", so W24-Geschäftsführer Marcin Kotlowski.

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